Bei Rujana Jegers "Darkroom" handelt es sich um einen großen, gewaltigen "Darkroom" namens Jugoslawien, erklärt Rezensent Martin Halter. Doch die sexuelle Anspielung im Titel hat zugleich ihre Bewandtnis, , meint Halter, denn "Darkroom" besitze einen rüden, teilweise obszönen und manchmal zärtlichen Ton, der das Buch weniger einem Roman als einem "Album" ähneln lasse, einem Album der jugoslawischen Generation X. Man kann sich aussuchen, ob damit das Platten- oder Fotoalbum gemeint ist. Beides vermutlich. Denn das Leben dieser jugoslawischen Generation, aufgewachsen im Krieg, spielt sich mehr zwischen Clubs, Boutiquen und Coffeeshops ab, kreist um Drogen, Sex und Rock'n Roll, hat Halter erfahren. Ganz anders als bei der hiesigen jungen Literatengeneration "Golf", staunt der Rezensent, findet keine bitterböse Abrechnung mit den 68er-Eltern statt, welche die Autorin, 1968 in Zagreb geboren, doch früh sich selbst überlassen hätten. Bei Jeger spiegeln die verworrenen familiären Verhältnisse die ethnische Zerrissenheit ihres Landes, der sie ihr "rotzig-trotziges Lebensgefühl" und ihren schnoddrigen, auf uns manchmal fast abgeschmackt wirkenden Schreibstil entgegensetzt, schreibt Halter. Doch keine Bange, gibt er Entwarnung, Rujana Jeger hat mehr zu bieten als schrilles Pathos und Bürgerschreckposen, nämlich viele kleine und treffende Momentaufnahmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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