Jan Barščeŭski

Jan Barščeŭski war ein belarussischer Schriftsteller, Lyriker, Herausgeber und einer der Gründer der neuen belarussischen Literatur. Er stammte aus der Familie eines griechisch-katholischen Priesters, die vermutlich adelig war. Er studierte am Polozker Jesuitenkollegium und galt während des Studiums als Lyriker und Deklamator, er trat mit eigenen Gedichten und Oratorien auf. 1809 schrieb er das Poem "Der Venusgürtel" im klassischen Stil. Leider blieb es nicht erhalten. Die Sprache des Poems ist unbekannt, vermutlich schrieb er es auf Polnisch oder Latein. Während der Ferien wanderte er oft in der Umgebung des Sees Neščarda, studierte das Alltagsleben des belarussischen Volkes, notierte Legenden, Sagen, Märchen.

Seine ersten Gedichte auf Belarussisch hießen "Mädchen" und "Aufstand der Untertanen". Manche Gedichte von ihm wurden schon in seiner Studienzeit in ganz Belarus bekannt und brachten ihm den Ruhm eines echten belarussischen Volksschriftsstellers.

Nach dem Abschluss des Kollegiums in Polozk begab sich Barščeŭski zu Fuß nach Wilno, um an der dortigen Universität zu studieren, aber ein zufälliger Bekannter überzeugte den jungen Mann, der keine Mittel zum Lebensunterhalt besaß, den Gedanken an das Universitätsstudium aufzugeben, und bot ihm eine Stellung als Hauslehrer an. Die gleiche Stellung hatte Barščeŭski später in der Familie des Fürsten Radziwill, aber die Sehnsucht, die Welt und die Leute kennen zu lernen, trieb ihn nach Petersburg, wo Barčšeŭski Unterstützung seitens der einzigen ihm in der Haupstadt bekannten Person - seines Landsmannes Gaudencij Šepilevič - fand. In Petersburg lernte Barščeŭski Adam Mickiewicz kennen, befreundete sich eng mit Julian Bartoševič, mit dem er Anfang der vierziger Jahre eine polnische Studentenbibliothek und einen Lesesaal einrichtete. Barščeŭski war auch in Petersburg als Hauslehrer tätig, verbrachte einige Zeit im Ausland, in Frankreich und England, arbeitete dann als Latein- und Griechischlehrer an staatlichen Bildungsanstalten. Im Sommer zog es Barščeŭski in die Heimat: Er ging zu Fuß nach Weißrussland und verbrachte seine Freizeit unter dem hiesigen Adelsstand und dem Volk. Er trug in der Mütze seine Hefte, die mit altertümlicher Orthographie und mit seiner altertümlichen Handschrift beschrieben waren. Im Druck erschien zuerst seine Gedichtsammlung "Niazabudka" ("Vergissmeinnicht") (Sankt Petersburg, 1840-1844, in vier Ausgaben). Diese Sammlung wurde in Zusammenarbeit mit einigen anderen polnischen Schriftstellern (Julian Bartoszewicz, Gaudenty Szepielewicz, Podberezowski, Ludwik Sztyrmer u.a.) zusammengestellt. Mit seinen Balladen aus dem weißrussischen Volksalltag und mit den Sagen, die das Buch "Niazabudka" enthielt, erweckte Barščeŭski das Interesse für die Literatur in einem Kreis, der sich bis dahin ausschließlich mit lokalen Kalendern begnügt hatte.

Später ging Barščeŭski zu den prosaischen Erzählungen über und gab darin sehr treffend den Geist und die Sprache des Volkes wieder. Diese Erzählungen, in vier kleinen Büchlein, herausgegeben in Sankt Petersburg von Einerling 1844-1846, tragen den Titel "Szlachcic Zawalnia, czyli Białoruś w fantastycznych opowiadaniach". Sie festigten den Literaturruf von Barščeŭski. Die Schilderung des Alltags des Volkes zeichnet sich hier nicht durch eine besondere Tiefe aus, das Verhältnis zum Volk ist gönnerhaft, es gibt kein unmittelbares Interesse an ihm. Aber unter damaligen Bedingungen waren die Erzählungen von Barščeŭski eine angenehme Neuheit sowohl für lokale Patrioten als auch für diejenigen, die schon damals glaubten, dass sich andere, menschlichere Beziehungen zum gemeinen Volk entwickeln sollten. Die Erzählungen sind sehr einfach gebaut: Der Autor kommt in die Heimat und wohnt bei seinem Onkel, Szlachcic (= Adeliger) Zawalnia, einem lokalen Alteingesessenen, der die ganze Umgebung kennt, und trifft hier verschiedene Typen, die vor dem Leser mit einer ganzen Reihe von Geschichten erscheinen, die das hiesige Leben, das Gemüt des Volkes, den Aberglauben u.a. beschreiben. Der Erzählton ist gutmütig-humoristisch. Es werden Beispiele der Sprache und der Lieder des Volkes angeführt. Aber Barščeŭski war kein Ethnograph und strebte nicht nach authentischen Texten der Volkssagen, er entwickelte seine Werke frei und benutzte das Volkselement nur als Grundlage. Im Jahr 1849 sammelte Barščeŭski alle seine Werke unter dem Titel "Proza i wirsze" ("Prosa und Poesie"), konnte aber bei Lebzeiten nur einen Teil (in Kiew) veröffentlichen.

In der russischen Literatur erschien Barščeŭski nur ein einziges Mal, als er 1846 "Očerki severnoj Belorussii" ("Die Skizzen des nördlichen Weißrussland") in der Petersburger Zeitung "Illustrazija" herausgab.

 

 

Personaldaten

Herr Jan Barščeŭski
Ort:
Tätigkeit: Schriftsteller, Lyriker, Herausgeber
Telephonnummer :
Handynummer:
Fax:
E-Mail:
Geburtsdatum: 1794
Geburtsort: Dorf Muragi bei Polozk im Russischen Zarenreich, im heutigen Belarus
Todesdatum: 12. März 1851
Todesort: Stadt Čudnov, Russisches Zarenreich
Land: Belarus