Es muss wehtun: "Kolik"
Die Literaturzeitschrift wird zehn und feiert mit einem Symposium
Wien – Wäre Gustav Ernst ein Türsteher, es wäre eine harte Tür. Hart ist auch der Name der von Ernst und seiner Frau Karin Fleischanderl herausgegebenen "kolik". Aber insofern hilfreich, als er von vornherein die "falschen", gefällige Kost bevorzugenden Leser verscheucht.
Ganz unzutreffend für die abgedruckten Texte ist der Name nämlich nicht. Wer unter einer Kolik leidet, dem machen krampfhafte Schmerzen das Leben zur Qual. Die kolik wiederum hat sich einer anti-konformen, ästhetisch eigensinnigen Literatur verschrieben, die den Leser ordentlich durchbeuteln will.
Schon die Gründungswehen des vierteljährlich herausgegebenen Druckwerks verliefen unter Schmerzen. Ernst, zuvor über 25 Jahre prägender Redakteur der Literaturzeitschrift Wespennest, hatte sich mit dem neuen Herausgeber Walter Famler zerstritten. Es ging um die Modernisierung des Hefts, um ein neues Layout und den sogenannten Zeitgeist.
Gustav Ernst gründete prompt ein eigenes Medium, das sich der Anbiederung an den Publikumsgeschmack via Bilder und ähnlichen Firlefanz verweigert. Was der Herausgeber 1997 im Vorwort zum ersten Heft formulierte, gilt dabei heute noch: "Die Zeitschrift entsteht aus dem Wunsch heraus, jener Literatur und vor allem auch jenem Diskurs über Literatur, die nicht den Kriterien und den Anforderungen des Marktes entsprechen, einen Ort zu geben."
Die "kolik" ist sicher auch eine Zeitschrift für Leser, sie bietet immer wieder sehr brauchbare Texte. In erster Linie aber versteht sie sich als Zeitschrift für die Autoren, dient als Labor für lustvoll sperrige Texte, Experimente und noch im Entstehen befindliche Werke. Neben renommierten Stimmen wie Josef Winkler, Elfriede Gerstl oder Werner Kofler haben auch neue Namen Platz. Xaver Bayer hatte in der kolik seine ersten Veröffentlichungen, Talente wie Clemens Setz und Ann Cotten zählen zu den Beiträgern.
Darüber hinaus darf und soll in der kolik gründlich über den Kulturbetrieb nachgedacht und geschimpft werden. Ihr Herausgeber wurde in einem Falter-Porträt vor ein paar Jahren nicht von ungefähr ein "Sprengmeister" geheißen.
Auch für ihr Jubiläums-Symposium hat sich die Zeitschrift ein Feld gewählt, in dem Diskussionsbedarf herrscht: die Literaturkritik. Oft für tot erklärt, gibt es sie zwar immer noch, aber unter welchen Bedingungen? Zwei Abende lang werden unter der Veröffentlichungsflut stöhnende Rezensenten und die Kritik kritisch beäugende Autoren darüber sprechen.
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