Passagen Verlag

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2008 Frühjahr

Von Jacques Derrida und Hélène Cixous haben wir 2007 das gemeinsame Buch Voiles. Schleier und Segel vorgestellt. Derrida und Cixous umkreisen in diesem Buch Autobiografie, Bekenntnis und Erinnerung. Nachdem sie bisher vereinzelt und fokussiert auf ihren Feminismus übersetzt wurde, ist es nun an der Zeit, endlich auch im deutschen Sprachraum die französische Autorin Hélène Cixous einzuführen und ihr dort den gebührenden Platz zu verschaffen. Deshalb haben wir zunächst vier markante Werke ausgewählt, die zusammen einen Eindruck ihres vielseitigen Schaffens geben werden. Wir hoffen, damit einen Anstoß zu geben, sich mit dem großen, bei uns noch seiner Entdeckung harrenden Werk Hélène Cixous’ zu beschäftigen.

Benjamin nach Montaigne, das erste Buch unseres Cixous-Schwerpunktes, spricht über die Geschichte der Fluchten und Exile ihrer Mutter und ihrer Tante und der Katastrophe ihrer durch das Nazi-Regime verhinderten Heimkehr nach Osnabrück. Cixous erzählt die unmögliche Rückkehr der beiden Alten im Spiegel ihrer eigenen Erinnerungen an ihre Jugend in Algerien und ihre Lektüre der Reisebeschreibungen Montaignes. So wird aus dieser Geschichte zugleich auch die Suche nach einem „Schreiben nach Montaigne“.

Ein hervorstechendes Merkmal des Passagen Literatur Programms ist der reflektierte Umgang mit Sprache. Gutes Erzählen ist eine Möglichkeit von Literatur, aber längst nicht die einzige. Alle unsere Autoren wissen um die Vielschichtigkeit des Schreibens und die meisten thematisieren dies nicht nur diskursiv, sondern erkunden es, wie Hélène Cixous in ihrem ersten Buch in unserem Verlag, in ihrer literarischen Praxis. So sind unsere literarischen Autoren Schriftsteller und Sprachforscher zugleich, die das Universum der Sprache auf ihren Expeditionen durchstreifen und seine Möglichkeiten für uns erkunden. Unser Programm zeigt, dass die österreichischen Autoren auf der Höhe dieses Literaturbegriffs sind, trotz politisch induzierter Tendenzen zu einfachen Texten. Von Franzobel haben wir zwei neue Theaterstücke, Lady Di oder Die Königin der Herzen und Hans Moser, in unserem Programm, die weniger durch formale Experimente als durch ihren hintergründigen Humor glänzen, obwohl sie ganz vordergründig daherzukommen scheinen. Christian Krall-Wartlsteiner schließt mit Apriljahrsbucht 3 seine große Trilogie ab, die das Ich mit allen Registern experimentellen Schreibens zu erfassen sucht.

Zwei Bücher unserer Reihe Passagen Religion und Politik beschäftigen sich mit zentralen Themen des aktuellen politisch-religiösen-ideologischen Diskurses. Walter Dostal kann in seiner Analyse des Islam Von Mohammed bis al-Qaida auf mehr als 40 Jahre Feldforschung im arabischen Raum zurückgreifen. In seiner spannenden und lebendigen Darstellung des Stammesverbandes des Propheten arbeitet er die Gründe für das Aufkommen der Schi’a heraus und führt uns von dort aus zu einem tiefen Verständnis des heutigen Islam in all seinen Ausprägungen und auch militanten Formen. In seinem innerhalb kürzester Zeit in zweiter Auflage erscheinenden Buch Fundamentalismus arbeitet Markus J. Prutsch im Gegensatz zu gängigen Säkularisierungsthesen den eminent politisch-ideologischen Charakter des heutigen Fundamentalismus heraus.

In der Philosophie spielt die Frage nach der Performanz eine immer größere Rolle. Susanne Granzer und Arno Böhler sind nicht nur führende Performanz-Forscher, sondern selbst Akteure einer neuen Bewegung performativer Philosophie. Mit der Doppel-DVD Philosophy On Stage thematisieren sie die Theatralität des Denkens als Schnittstelle von Philosophie und Kunst. Ihr experimentelles Philosophieren weist neue Wege aus den verstaubten Präsentationsformen der akademischen Philosophie.

Über die vielen anderen neuen Bücher aus unserem Verlagsprogramm informieren Sie die folgenden Seiten. Ich hoffe, dass Sie auch diesmal etwas für sich finden und wünsche Ihnen wie immer neue Erkenntnisse und Spaß bei den Lektüren.

Peter Engelmann

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