Das Sujet des Partisanenromans

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Příběh partyzána jako syžet socialistického realismu

Die Literatur, in deren Mittelpunkt der Partisan oder die Partisanen stehen, kann nicht unmit-telbar dem kanonisierten Sozialistischen Realismus zugerechnet werden. Jedoch sind in dieser Literatur durchaus Motive des Sozialistischen Realismus zu finden. Ich möchte eine genaue Sujetanalyse eines exemplarischen Werkes vorlegen, die ich im Sommersemester mit den Studenten der Komparatistik in Wien durchgeführt habe. Der gewählte Roman ist „Smrť sa volá Engelchen“ von Ladislav Mňačko.

Doch zuerst zu dem Begriff Partisan. Er figuriert auch unter der Bezeichnung Frei-schärler oder Guerillero, wobei es in der Zeit der Jugoslawienkriege bezeichnet war, dass der längst vergessene „Freischärler“ wieder aktiviert wurde, um der Bezeichnung „Partisan“ aus dem Weg zu gehen. Den Ursachen dafür nachzugehen, ist eine lohnende Aufgabe für die Pub-lizistik und Kommunikationswissenschaft.

Wir werden zuerst einige Worte zu Carlo Schmitts Partisanenbegriff verlieren und dann die Sujetanalyse des Romans präsentieren. Anschließend versuchen wir einen Ausblick zu geben, wie die Ergebnisse der Sujetanalyse zu einer weiteren Ausarbeitung der Partisanen-literatur führen im Kontext und außerhalb des Sozialistischen Realismus zu geben.

Erst in den modernen Organisationsformen nach der Französischen Revolution kann es den Partisan geben, weil er erst durch das Reguläre in der Gestalt der Armee – der franzö-sischen Armee Napoleons besonders – entsteht. Der Partisan kämpft dagegen irregulär, au-ßerhalb des regulären Rahmens der Kriegsführung. Aus diesem Grunde wurde wohl – wenn ich ausreichend informiert bin – in der sowjetischen Literatur die Partisanenliteratur nicht als Genre, als kanonisierte Form des Sozialistischen Realismus angesehen. Mit der allgemeinen Wehrpflicht würden alle Kriege zu Volkskriegen. Mit der Abschaffung der allgemeinen Weh-pflicht, wie sie zur Zeit in Europa im Gange ist, verliert aber auch der Partisan seinen Rah-men, sein Gegenüber. Dies wurde bei den Kriegen des zerfallenden Jugoslawien besonders deutlich. Vielleicht wurden auch darum die kämpfenden Parteien nicht Partisanen genannt. Andererseits entstehen die Staaten oder staatsähnliche Gebilde im Nachhinein und legitimie-ren nachträglich die kämpfenden Einheiten. Entweder sie werden von einem regulären Dritten legitimiert oder sie schaffen diese Legitimität aus eigener Kraft. Die kämpfenden Einheiten können sich schon vorher, bevor es einen zugehörigen Staat gibt oder sie überhaupt Legitimi-tät erreicht haben, Armee nennen, wie es im Falle der UÇK zu beobachten war. Da nun der Partisan sein Framework verloren hat – die USA hat keine Wehrpflicht und bietet damit nicht das Reguläre einer Staatsarmee, wie sie Carlo Schmitt versteht. Trotzdem gibt es Gegner, die diesen Berufsarmeen gegenüber treten, die dann aber unabhängig von ihrer Organisationsform als Terroristen bezeichnet werden. Die zeitgemäße Fortsetzung der Partisanenliteratur wäre also eine Terroristenliteratur des spätbürgerlichen Realismus vulgo der Postmoderne. Wenn Stalin den Partisanen in seine Kriegsführung einbindet, macht er ihn zu etwas Regulärem. Carlo Schmitt spricht darum auch von einem neuen Stadium des Partisanentums, an dessen Ursprung jedoch nicht Stalin, sondern Mao Tse-tung stehe.

Das zweite Merkmal, das Carlo Schmitt hervorhebt, ist der politische Charakter des Partisanen. Er gehöre einer Partei an, wobei anzumerken ist, dass es wahrscheinlich nicht egal ist, welcher Partei sich der Partisan zurechnet. Dabei muss sie nicht unbedingt links, kommu-nistisch oder sozialistisch sein, wie die ukrainischen und litauischen Partisanen, die nach 1945 innerhalb der Sowjetunion kämpfen, zeigen. Doch erscheint dies auch als merkwürdiger Son-derfall. Der politische Charakter zeichnet auch den Terroristen aus – im Unterschied zum Kriminellen, zum Piraten oder Räuber. Wobei der letztere durchaus einen politischen Charak-ter bekommen kann, wie Janošik, Grassl oder Rabin Hood zeigen, dabei werden diese Räuber meist mythologisiert, was beim Partisanen weniger und beim Terroristen gar nicht der Fall ist. Wir brauchten wahrscheinlich neben Carlo Schmitts Theorie des Partisanen auch eine Theorie des Räubers. Der politische Charakter ist also auch bei dem Terroristen, wobei hier jedoch die politische Orientierung von ganz rechts bis ganz links gehen kann; die Täter vom World Tra-de Center lassen sich gar nicht in Links und Rechts einordnen und waren doch in ihrem Han-deln überaus politisch motiviert.

Ein drittes Merkmal des Partisanentums ist für Carlo Schmitt die gesteigerte Mobilität des aktiven Kampfes. (Carl Schmitt 1963, 23 u. 26) Außerdem hebt Schmidt den tellurischen Charakter des Partisanentums hervor, im Gegensatz zu Piraten, Seeräubern, die jedoch auch im Gegensatz zu den Partisanen nicht für eine höhere Idee kämpfen. Schmitt vergleicht den Partisanen in seiner Irregularität auch mit den im ersten Weltkrieg neu auftauchenden U-Booten, die von der britischen Flotte als irreguläre Kriegswaffe angesehen wurde, was jedoch nichts an dem tellurischen Charakter des Partisanen ändere. Hier scheint Schmitt von der to-ten Metapher, die den Illegalen als U-Boot bezeichnet, getragen worden zu sein. Der telluri-sche Charakter des Partisanen ist vielleicht im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Mähren und die Slowakei ausgesprochenes Binnenland sind, von tieferer Bedeutung. Carlo Schmitts Bestimmung wird durch die Tatsache, dass die jugoslawischen Partisanen Schiffe erbeuteten und sie dann auch als Kriegsschiffe benutzten, etwas relativiert. Andererseits gab es unter den Seeräubern auch entsprechende mythologisierte Gestalten wie Janošik, die fúr Freiheit und Gerechtigkeit kämpften, es sei nur Störtebecker erwähnt.

Die Bevölkerung ist der unmittelbare Verbündete des Partisanen gegen die Besatzungsmacht. Wenn die Zivilbevölkerung völkerrechtlich geschützt wird, ist dies zugleich ein Schutz des Partisanen. [Wie sieht das für Terroristen aus? Sie kämpfen gegen keine Besatzungsmacht. Zugleich werden sie als Bedrohung für die Zivilbevölkerung im öffentlichen Diskurs dagestellt. Sind sie das auch wirklich? Der typische Terrorist heutzutage ist eher unauffällig, geradezu spießig und vertritt nicht die Interessen der Zivilbevölkerung, obwohl er politsche Interessen vertritt. Vielleicht schafft, erzeugt die entsolidarisierte Gesellschaft und nicht erst die Ideologie der Achse des Bösen, die heutigen Terroristen.] (s. 32)

Im Unterschied zur österreich-ungarischen Armee, die den Partisanenkrieg vom Balkan kannte und ein Reglement für den Kleinkrieg hatte, besaß die preußisch-deutsche Armee über keine Erfahrung im Partisanenkrieg. Da sie nur Militär und Zivil klar unterschied, war der Partisan, der irregulär kämpfende ein Verbrecher, ein Krimineller, wobei sie „als gerechte Notwehr Repressalien, Erschießungen, Geiselnahmen und Zerstörungen von Ortschaften“ ansah. Die Diskussion, die im Rahmen der Ausstellung der Verbrechen der Wehrmacht in Deutschland entstanden war, wäre bei einer Lektüre Schmitts kaum entstanden, da die deutschen Kriegsverbrechen nicht auf die Unterscheidung SS und Wehrmacht (wobei erstere für die Verbrechen verantwortlich ist) reduziert werden kann, sondern auf die fehlende Vorbereitung auf irreguläre Kämpfer zurückzuführen ist. Das heißt, dass jede straff organisierte reguläre Armee auf zivile bewaffneten Widerstand unangemessen reagiert. (Schmitt 1963, 39) Dies war zuletzt auch im Krieg Israels gegen die Hamas zu verzeichnen, denn die Hamas war für Israel kein regulärer Gegner und damit war das Tor für Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung geöffnet. Die deutsche Wehrmacht habe am 6. Mai Richtlinien zur Partisanenbekämpfung erlassen, die auch von englischer Seite als ausgezeichnete Regelungen anerkannt worden seien. (Schmitt 1963, 43) Dies nur als Randbemerkung, denn hörten damit die Kriegsverbrechen der Wehrmacht auf? Schmitt paraphrasiert Lenin: „[...] die von der kommunistischen Zentrale gesteuerten Partisanen sind Friedenskämpfer und ruhmreiche Helden; [...]“ (Schmitt 1963, 55)

Der Partisan verändert die Raumvorstellung des Krieges. Nicht mehr die Front ist der Schauplatz und der feindliche Raum wird nicht durch ein Vorwärtsschieben der Front erobert, sondern das Hinterland, das schon eroberte Gebiet wird zum Kampfplatz. So sind Dessanten schon in ihrem Charakter strukturell so etwas wie Partisanen, aber auch die Bombardierung der Zivilbevölkerung (die erwähnten U-Boote bewegen sich dagegen nicht in okkupierten Gebiet). Nicht umsonst werden aus Fallschirmjägern, die im Feindesland abgesetzt werden, oft Kerne neuer Partisaneneinheiten. Diese Verschiebung des Raumaspektes, wie es Carlo Schmitt nennt, haben wir in unserer Analyse ebenso erfasst und weiterentwickelt. (s. Schmitt 1963, 72) Schmitt erwähnt auch kurz den Terroristen und es ist auch nicht so, dass der Terrorist notwendigerweise den Partisanen ablöst. „Wenige Terroristen genügen, um große Massen unter Druck zu setzen.“ (Schmitt 1963, 76) Waren doch die Volkstümler (Народники) im 19. Jahrhundert in Russland eher Vorläufer der modernen und postmodernen Terroristen.

Der Partisan braucht einen mächtigen Dritten, nicht nur zur Versorgung mit Gerät und Waffen, sondern auch zur Legitimierung durch die Anerkennung durch ein bestehendes Regu-läres (die Sowjetunion und im weiteren Sinne die Alliierten bei den slowakischen Partisanen) oder sie stellen die Regularität aus eigener Kraft her, wie es in gewisser Hinsicht bei den ju-goslawischen Partisanen war. Diese Anerkennung erfolgte auch bei den Partisanen des Slo-wakischen Nationalaufstandes durch die Sowjetion, die USA und Großbritannien. (Krekovič/ Mannová/Krekovičová 2005, 201f.)

Bei der Sujetanalyse mit den Studenten haben wir uns auf Lotmans Bestimmung des Sujet, des Motiv und des Charakters gestützt. Bei der Untersuchung des Romans „Smrť sa volá Engelchen“ ist es sinnvoll, zuerst die topographische Struktur zu umreißen. Es kommt zu einer klaren Trennung zwischen ziviler Welt und militärischer Welt, wobei die letztere so-wohl den Raum des Feindes als auch den der Partisanen einschließt. Der letztere sind der Wald einerseits und die Welt der Einödhöfe (kopanici), wobei diese wiederum klar getrennt sind. Dieser Grundgegensatz Zivil >< Militär macht auch das Besondere der Motive, die mit den Haupthelden Volodja und Marta verbunden sind aus. Für den Rezipienten war nun die erste Welt, die zivile Welt, beim Erscheinen des Buches mit der eigenen Welt identisch bzw. ihr sehr nah, während die militärische für ihn mehr als ein Jahrzehnt zurücklag und darum exotisch war. Für den Helden jedoch gibt es eine doppelte Perspektive. In der erzählten Zeit der Kampfhandlungen war die militärische Welt die bestimmende, dominante, wodurch die Treffen mit Marta in der zivilen Welt etwas unwirkliches erhalten. Andererseits wird das Ge-schehen in eine Rahmenhandlung gestellt und aus dem Krankenzimmer erzählt, das wiederum die zivile Welt darstellt, sodass das Militärische für die Zuhörerin, Schwester Eliška, wieder-um eine exotische Welt ist, womit sie in ihrer Raumauffassung dem Nachkriegsleser gleich-gestellt ist. So kann die Struktur des Topos des Romans kurz umrissen werden. Die räumliche Struktur wird damit nach Lotman zu einer Sprache, die die anderen nichträumlichen Relatio-nen ausdrückt. Zugleich wird damit das Model Carlo Schmitts erweitert, die Partisanen ver-wandeln nicht nur das Hinterland in einen Kampfraum, sondern dieser wird noch einmal strukturiert, unterteilt in militärisches Gebiet, wo die Partisanen operieren, was mit dem Waldgebiet zusammenfällt und dem zivilen Gebiet, das von der Okkupationsmacht beherrscht wird und das die Partisanen nur selten betreten, z.B. um einen Verräter aufzuspüren und zu liquidieren. Der Charakter Marta ist die einzige Figur, die zwischen beiden Welten hin und her springt, also in beiden Welten steht und jeweils verschiedene Funktionen besitzt, einmal als Offiziersprostituierte bei den Okkupanten und als Informantin für die Partisanen, wobei die letztere Funktion die dominante ist. Hier deutet sich schon an, dass wir neben der Motiv-analyse auch eine Analyse der Relationen der einzelnen Charaktere und Gestalten brauchen, die sowohl mit den Motiven als auch mit dem Topos in enger Verbindung stehen. Lotmann nennt dies die modellierende Funktion des künstlerischen Raumes im Text.

Die einzelnen Motive können Paradigmen zugeordnet werden, wobei bei der Typologie von Motiven diese in Paradigmen zusammengefasst werden. Erst dadurch kann eine Paradigmatik und Syntagmatik der Partisanenliteratur aufgebaut werden. So ist das erste Motiv unseres Textes „Querschnittslähmung durch Schuss in den Rücken“ dem Paradigma „Verletzung“ oder „Schwere Verletzung“ zuzuordnen. Über die Sujetanalyse hinausgehend ist es dann wichtig zu fragen, inwieweit die verschiedenen Textebenen ineinandergreifen. Konkret was hat es zu bedeuten, wenn in einem Motiv in „Smrť sa volá Engelchen“ signifikant deutsche Worte oder russische Worte auftreten?

Was wird in der Partisanenliteratur nun zum Ereignis und was ist nicht erwähnens-wert? In unserem Roman wird in einem Motiv ein Autobus voller Arbeiter erwähnt. Doch wo sie hinfahren, welche Arbeit sie verrichten, wird nicht erzählt, da das Motiv der „Überfall auf eine deutsche Patrouille“ ist, in der die Tätigkeit der Arbeiter kein Ereignis ist. Dieses Auslas-sen von Motiven wird erst deutlich, wenn man die Partisanenliteratur mit anderen Genres ver-gleicht – dem Bildungsroman oder dem Produktionsroman. Auch was mit dem früheren Ge-liebten der Schwester Eliška passiert oder passiert ist, ist im Roman ein Nichtereignis. Oder auch was der Mutter des Helden in der erzählten Zeit passiert, wird im Text zu keinem Ereig-nis.

Kommen wir jetzt zur Vorstellung des Sujets, das wir den einzelnen Kapiteln folgend in einzelne Motive zerlegt haben. Grundsätzlich gibt es zwei Sujetstränge, wobei der eine der den Heilungsprozess des Helden darstellt und zugleich die Ebene der erzählten Zeit darstellt, während der andere die Kriegsereignisse darstellt und somit eine Rückblende darstellt. Es ist also keine einfache Rahmenerzählung, sondern der Rahmen selbst ist eine Sujetebene. Durch die Rückblende sind aber auch die Wertungen festgelegt. So verliert die Protagonistin Marta durch die zwei Sujetstränge ihren geheimnisvollen und zugleich bewundernswerten Zauber, den sie im Kriegssujet besitzt.

Die Sujetkette ist von einem der Studenten, Florian Müller in dieser Form aufgezeich-net worden, wobei wir gemeinsam Kapitel für Kapitel analysiert haben. Der Sujetstrang, der den Heilungsprozess und die Erzählebene darstellt ist gelb gekennzeichnet. Die Motive, wo die außerliterarische Wirklichkeit ins Werk eindringt, sind blau markiert. Die Unterscheidung in Motive, die die Partisanen betreffen und die die Okkupanten betreffen ist eine Weiterfüh-rung des Studenten.

Bestimmte Motive kehren immer wieder, so Ankunft, Abschied, Schenken von Ge-genständen, Verfolgung, Verhöre, Disziplinierungsmaßnahmen, Gefangennahmen und Er-schießen. Oft wird außer dem Motiv auch das reziproke Motiv realisiert, was natürlich unter einem Motiv zusammenzufassen ist. z.B. Gefangennahme/ Freilassung oder Erschie-ßen/Begnadigung. Dagegen sind Abschied und Ankunft komplementäre Begriffe, die jedoch nicht zu einem Motiv werden, da die Negation der Ankunft das Nichtankommen und des Ab-schiedes das Dableiben ist.

Die Partisanenliteratur, der Partisanenroman gehört also nicht zu dem Standardreper-toire des Sozialistischen Realismus wie der Produktionsroman, der die wichtigste Sujettyp ist. Neben dem Produktionsroman gibt es fünf weitere Grundsujets oder Masterplots: den histori-schen Roman, den Roman über den würdigen Intellektuellen oder Erfinder, der Kriegs- oder Revolutionsroman, den Schurken- oder Spionageroman und den Roman über den Westen. Nach Katarina Clark enthalten alle einen Prozess des Bewusstwerden, das Klassenbewusst-sein zu erlangen, und eine Aufgabe. Das letzte erinnert natürlich an die Märchenstruktur. Dies verbindet ihn aber auch mit dem Partisanenroman, wobei dort der Held eher einzelne Aufga-ben zu erfüllen hat und weniger eine große umfassende. Im historischen Roman geht es um leadership und politische Reifung. (Aleksej Tolstoj, Petr Pervyj; V. Kataev, Beleet parus odi-nokij). Der Roman vom ehrenvollen Intellektuellen stehe in der Nähe des Produktionsromans sehr nahe, seine Aufgabe bestehe darin, etwas zu erfinden, nur sei dem Kampf des Helden mit den Schädlingen, den Feinden der Wahrheit, mehr Platz eingeräumt, als den Gefechten mit den praktischen Problemen oder mit Naturkatastrophen. Die anderen drei Grundsujets seien weniger konventionalisiert. Allgemein gesprochen, wohl zu allgemein, kombiniert der Revo-lutionsroman moralisches und politisches Wachsen mit einer Aufgabenerfüllung. Der Schur-kenroman und der Roman über den Westen enthielten überproportional negatives Material. Doch haben sie meist einen positiven Helden – ein Schlüsselbegriff des Sozialistischen Rea-lismus – der stark genug ist, gegen die Feinde – westliche Dekadenz oder eine auf ihn ange-setzte Geliebte - zu kämpfen. Da er Abstand nehmen muss, muss er bewusster werden, sodass hier der Held einen Prozess des Bewusstwerdens durchläuft. (s. Clark 2000)

Einige Grundmotive des Produktionsromans können in Modifikation auch im Partisa-nenroman festgestellt werden. Dabei orientieren wir uns trotz Vorbehalte an Clark, da sie eine andere Terminologie verwendet. Einmal die Ankunft in einer neuen Umgebung, also im Parti-sanenroman bei den Partisanen. Aufgabenstellung und erfolgreiche Ausführung: In Mňačkos Roman entspricht dies dem ersten Auftrag, einen Brief zu übergeben im zweiten Kapitel. Durch eine Differenzierung in zahlreiche Motive, die jedoch nicht zum entgültigen Sieg führen, fehlt dem vorliegenden Roman jedoch der große Bogen, den die Motive des Produktionsromanes umschreiben. Dies ist jedoch auch bei anderen Partisanenromanen wie Italo Calvinos „Il sentiero dei nidi di ragno“ zu beobachten, wo das Sujet auf eine Auflösung der Truppe hinausläuft. In „Smrť sa volá Engelchen“ ist das Kriegsende bewusst keine Freudenfeier und wird im Sujet an den Anfang, in das erste Kapitel verlegt.

In der weiteren Entwicklung der Theorie der Partisanenliteratur als Bestandteil des Sozialistischen Realismus und außerhalb von ihm müsste jetzt eine umfassende Untersuchung des gesamten Korpus erfolgen. Dabei kann die Sujetanalyse von dem hier vorgelegten Bei-spiel ausgehen und akkumulierend die Sujettheorie der Partisanenliteratur entfalten. Somit haben wir nur einen ganz bescheidenen Beitrag zur Entwicklung einer Theorie der Partisanen-literatur und ihrer Einbettung in den Kontext des sozialistischen Realismus geleistet.

Literatur

Katarina Clark, The Soviet Novel. Bloomington and Indianapolis 2000

Eduard Krekovič/ Elena Mannová/ Eva Krekovičová, Mýty naše slovenské. Bratislava 2005

Ladislav Mňačko, Smrť sa volá Engelchen. Bratislava 1959

Ladislav Mňačko [dt. Übersetzung Hans Gaertner] Der Tod heißt Engelchen. Wien 1962

Carl Schmitt, Theorie des Partisanen. Berlin 1963

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