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János Háy
DER FLECK
Das kann nicht sein, sagte das Mädchen, als die Freundin in der Pause auf die Problematik der Empfängnis zu sprechen kam. Es kann sein, dass deine Eltern schon, denn sie sehen auch so aus, aber meine nicht. Wie bist du dann entstanden, fragte die Freundin. Das Mädchen schwieg, sie wollte nicht damit kommen, dass es sehr wohl solche gibt, die nicht auf diese Art und Weise, ein Fall ist ja allgemein bekannt, und es könnte ja sein, dass es zwei gibt. Zum Glück läutete es und sie musste sich nicht rechtfertigen. Der Freundin blieb noch gerade genug Zeit, um sich die Jause in den Mund zu stopfen und sie war noch immer am Ersticken, als der Mathematik Professor in die Klasse kam und mit dem gleichen Schwung den Klassenordner ohrfeigte, weil dieser vergessen hatte die Tafel zu löschen.
Eines Tages sah das Mädchen auch selbst den Fleck, gegen den sie sich so sehr gewehrt hatte, bei ihren Eltern. Es war Zufall. Sonst schlief sie schon um diese Zeit, aber ihr war noch eingefallen, dass in der Schule etwas über ein Klassenfoto gesagt worden war und sie in Festtagskleidung zu erscheinen hatte. Sie hatte vergessen der Mutter zu sagen, dass ihre weiße Bluse gebügelt werden müsse. Es ist jetzt schon spät, geschweige denn morgen. Und dann sah sie ihn, die Nachtlampe leuchtete, aber es lag ein Kleidungsstück darüber. Dann sah sie den Fleck auf ihren Eltern, besonders auf ihrem Vater, denn sie dachte ihre Mutter sei nicht so, sondern nur die Brutalität ihres Vaters habe sie in diese Lage gebracht. Später, als sie im Fernsehen solche grausamen Väter sah, die ihre Familien ausrotten, dann konnte sie sich auch ihren Vater vorstellen wie er vor dem Reporter stammelt, seine Augen mit einem schwarzen Quadrat verdeckt, aber jeder weiß, dass dieser brutale Mensch ihr Vater ist, sie weiß es auch, besser gesagt sie würde es wissen, wenn nicht gerade sie und ihre Mutter die Opfer wären.
Auch in der Schule sprachen sie viel über das Unbefleckte, nach der Religionsstunde, als es aus dem kleinen Pityu instinktiv herausplatzte, dass die Maria mit einem anderen gebumst hätte. Der Pfarrer, der die Stunde hielt, war kein ausgebildeter Pädagoge und hatte auch Probleme mit der Sexualität, da er ja Katholik war, konnte er dieser Brutalität nur mit einer noch größeren Brutalität begegnen. Er schritt zur Bank von Pityu, nahm ihn bei den Schläfenlocken und ja, sie lösten sich nicht von der Kopfhaut, sondern zogen den ganzen Kopf und den gesamten Körper mit sich. Er fiel zwischen die Bänke, und dort hielt er ihn nicht mehr bei den Schläfenlocken, sonder benutzte seinen schwarzen Schuh, den katholische Priester zu tragen pflegen, um das Kind aus der Klasse zu treten. Das Kind rutschte mit jedem Tritt näher an die Tür. Ab diesem Zeitpunkt war sich der kleine Pityu sicher, den Schwindel erraten zu haben und er erzählte sein Leben lang die Wahrheit in der Kocsma /Kneipe/, dass der Kopf des heiligen Petrus schön durchgedrückt wurde und der beste Beweis dafür sei das Verhalten des Pfarrers.
Später wurde auch das Mädchen befleckt, sie wurde wie alle anderen. Wer als Mensch geboren wird, wird auf jeden Fall befleckt. Und dieser Fleck spielte sogar eine sehr wichtige Rolle in ihrem Leben, zwar zierte sie sich immer, wenn sie mit Kerlen /Jungs/ zu tun hatte, denn niemand sollte sie nur wegen ihres Körpers lieben, sondern wegen ihrer Seele, aber das Zieren dauerte nur einige Minuten und schon fielen die Mauern von Jericho.
Ungefähr zehn Jahre ihres Lebens war es mit den Männern ein ständiges Kommen und Gehen. Der eine blieb länger, der andere nur kurze Zeit. Sie sehnte sich nach dauerhafteren Beziehungen, aber es gehören ja immer zwei dazu und sie war auch nicht der Typ, der sich alles gefallen lässt. Zum Beispiel, dass der Kerl sich nicht von der Mutter lösen kann oder nervenaufreibende Sachen mag, sagen wir mal Bungy Jumping oder Tauchen. Mit einem hätte sie es sich auch längerfristig vorstellen können. Einerseits sah er sehr gut aus, und entgegen der landläufigen Meinung mögen Mädchen, unter anderem auch sie, nicht die klugen und hässlichen Männer, sondern die feschen. Diesem einen erzählte sie sogar ihren Lebensplan. Dass sie jetzt noch auf keinen Fall Kinder bekommen möchte, aber sie würde gerne einige adoptieren, schwarze und asiatische, also das sieht so gut aus, farbig und ganz eigen, es hat nicht jeder so eine Familie. Und dann begann das Mädchen die demokratische Idee, die die Grundlage für solch ein Familienmodell bildet, näher zu erläutern. Ihr gefielen diese modernen Ideen so sehr, dass sie bereit war ihr ganzes Leben ihnen unterzuordnen. Der Mann hörte ihr zu, er lag auf dem Bett, sie hatten die Befleckung gerade hinter sich und sagte nur, denn er war sonst eher ein pessimistischer Typ, der gerade im Zusammenhang mit einer Bank- oder Steuersache erwischt worden war und damit seine pessimistische Grundhaltung mit einigen hunderttausend Euro noch verstärkt wurde, also der Kerl sagte nur, dass aus allen nur Scheißkerle werden, schwarze Scheißkerle und gelbe Scheißkerle. Das verletzte das Mädchen und sie sagte was dazu, aber das alles rechtfertigte nicht das was dann geschah, nämlich, dass der Mann sich danach nie wieder meldete.
Es kamen andere, aber auch diese konnten nicht lange bleiben. Das Mädchen kam zu der Überzeugung, dass nicht der Mann der Partner der Frau sei, sondern das Kind. Sie gab das vorhergehende demokratische Familienmodell auf und eignete sich ein noch liberaleres an, nämlich das der Einelternteilfamilie. Und dieses Modell beherrschen die Ungarn ausgezeichnet, denn es bildet das ganze Land symbolisch ab. Es ist also sowohl aus liberaler, als auch aus nationaler Sicht interpretierbar.
Sie muss ein Kind gebären, das ist sicher, denn anders kann sie sich die Zukunft nicht vorstellen. Und sie stellte sich die nächsten Jahre auch schon bildhaft vor, wie sie das Kind erziehen und Enkelkinder hüten würde und wie sich ihr Hass gegen Männer in den nächsten Jahren verstärken würde und wahrscheinlich würde sie das letzte Viertel ihres Lebens der Arbeit in einer radikalen Frauenbewegung widmen.
Ich habe Angst vor der Geburt, sagte sie zu ihrer Mutter, und sie solle ihr doch darüber erzählen, wie es war. Wie was war?, fragte die Mutter. Die Geburt, antwortete das Mädchen. Wie es eben sein musste, sagte ihre Mutter, das Mädchen wurde wütend, warum sie doch nicht normal darüber erzählen könne. Warum muss man Vergangenes wieder ausgraben?, fragte die Frau gereizt. Ja du bist verspätet geboren, das genügt doch, oder? Wie verspätet?, fragte das Mädchen. So, dass du einen Monat zu spät warst, sagte die Frau, alle erwarteten dich für Mitte Dezember, spätestens zu Weihnachten. Du wärst ein kleines Weihnachtsgeschenk vom Christkindl gewesen, aber du wolltest und wolltest nicht auf die Welt kommen. Ich war schon ganz fertig mit den Nerven, warum du nicht kamst und auch dein Vater lag mir in den Ohren, warum ich nicht endlich gebäre. Wir haben darüber gesprochen, wann es passiert sein konnte, es konnte gar nicht anders sein, denn dann wurde er für drei Monate einberufen. Er war Reserveoffizier. Aber du wolltest einfach nicht kommen. Schließlich leitete der Arzt die Geburt ein. Aber ich wog doch nur zwei Kilo neunzig, sagte das Mädchen verwundert, dass sie überfällig gewesen sei zeigte sich doch gar nicht an ihrem Gewicht. Darüber hinaus, konterte die Mutter. Jetzt, da diese Sache aktuell ist, wie kann man überhaupt einen Monat zu spät sein? Das verstehe ich nicht? Weil du so bist wie dein Vater, sagte die Frau fast schreiend, der wollte das auch nicht verstehen, ich musste es ihm sehr lange erklären, aber dann verstand er es, und jetzt kommst du. Warum musst du in meinem Leben herumstochern? Die Mutter tobte. Dem Mädchen wurde es für einen Augenblick schwindlig, ihre Vergangenheit begann zu bröckeln, der Urlaub Jahr für Jahr, Weihnachten, ihr Vater... Auf einmal fühlte sie sich wie Klein-Pityu, als er im Keller das Streichholz fand und endlich die Kerze anzünden konnte, und alles hell und klar wurde. Schrei nicht, schrie sie jetzt, schrei nicht! Wer ist mein Vater, hörst du, wer ist es?
Die Mutter begann zu weinen.
Du hättest mir nur erzählen sollen wie es ist ein Kind auf die Welt zu bringen, sagte das Mädchen, ich wollte nur hören, wie es ist, wenn das Baby das erste Mal schreit, ich wollte nichts anderes. Dann ließ sie ihre Mutter stehen, und ging nach Hause. Sie lag auf dem Bett und dachte an nichts, bald war ihr Geburtstag, in zwei Wochen. Das ist schlecht, dass er so kurz auf Weihnachten und Neujahr folgt, man kann ihn nicht richtig feiern. Und dann fiel ihr ein, wie jedem unglücklichen Geburtstagskind, dass er z.B. in einem Schaltjahr hätte sein können und dann könnte man ihn nur alle vier Jahre feiern. Dann kam ihr das alte Bild in den Sinn, als sie es ihrer Freundin beweisen wollte, dass ihre Empfängnis anders war. Genau so, wie von dem, von dem jeder weiß, dass es anders war. Der Unterschied ist nur, dachte sie wie sie auf dem Bett lag, und es fiel ihr der Mann ein, der kam, als der andere, der offizielle gerade als Reserveoffizier irgendwo auf dem Land war, dass ich nicht bis Ostern darauf warten musste, dass mich mein Vater verlässt.
übersetzt von Agnes Kucher
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