Grüße aus den Sudeten

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Lenka Daňhelová

Pozdrav ze Sudet / Grüße aus dem Sudetenland

Durch die Erkenntnis, dass die Erde rund ist,

Und sich um die Sonne dreht,

Ist die Welt nicht einfacher geworden.

Damit sich beruhigen, dass ich

vielleicht einmal alles verstehe,

ist nicht die Antwort.

Schwäche und Sehnen nach etwas,

das ich nicht kenne.

Das Gefühl,

dass wenn ich die Welt

und das Dunkle durchschaue,

fühlen werde,

wie es schwindet...

Vielleicht gibt es Momente, wo du dich

wie vor der Geburt fühlst.

Dunkel,

ständige Stille,

du,

und noch jemand.

Den du dann immer suchen wirst.

Alte Witwe

Briefe schreibe ich dir keine mehr.

Sowieso war deine Post

bei uns auf dem Kühlschrank.

Warum das Wasser durchs Sieb....

Du bist bei mir,

auch wenn ich gerade

ein schief hängendes Bild richte.

Längst bin ich kein Backfisch.

Ich sehe nicht zum Himmel,

löse keine Allegorie

tröste mich nicht.

Ich schicke dir keine Nachrichten.

Warum auch......

Der Stuhl mir gegenüber

neben unserem Wackeltisch

ist nicht leer.

Auf deiner Hälfte sind immer noch

braune Flecken

von verschüttetem Kaffee.

Happy Day

Heute haben die Säufer ihren Glückstag:

Der Bettler von der Karlsbrücke

wurde nicht vom Bullen vertrieben.

Die schöne Fee hat sich heute

auf dem Weg vom Einkaufen

nicht einmal ein Bein gebrochen.

Und die Vollgepisste

ließ die Schaffnerin

bis nach Bystrovany fahren...

***

Noch bevor ich gehe,

möchte ich gerne ihren Namen wissen.

Wie alt ist sie

und was für sie die zwei

Frauen sind, die sie begleiten.

Vor allem aber,

vor allem interessiert mich,

wenn ich im Wald das Echo höre

ihres eigenen Geschreis Wiederkehr,

in dem ich nicht ein einziges Wort verstehe

(als würde mir im Innern etwas zerreißen):

Warum lächeln trotz allem

die beiden Frauen glücklich.

Ein Körper an der Straße

Jede Woche

sieht er weniger

nach Katze aus.

Nach Stradonice

So kehrte ich einmal nach Hause...

Gedämpftes Klappern

bronzener Armbänder

höre ich immer noch in meinem Ohr.

Unter mir fließt immer noch

faul der Fluss.

Und eben so wie damals folge ich

seiner Spur,

der vor mir ans Tor trat.

Irgendwo hinter Beroun

Die grausamsten Geheimnisse sind die menschlichen.

Der Wald, in dem ich irre,

gibt eine Drahtrolle, ein verrostetes Fass

und einen spanischen Reiter preis.

Stille.

Schützengräben Birken durchwachsen.

Nur die Blätter rauschen

und die Bäume bedecken barmherzig

ein Betongehege,

mit einem Drahtzaun umgeben.

Und drinnen ist etwas.

Irgendwo auf dem Fahrweg

ein Mann mit abwesendem Blick.

Die Kaserne, wo er gedient hat,

fand er bisher nicht.

***

Meine Träume riechen nach faulendem Laub

dunkle Gedanken wie von Wasser durchtränktes Moos

in das manchmal von den Weißbuchen ein Tropfen fällt

die Luft ist voller Wasser aus dem Mund dampft

Sehnsucht sich zwischen den feuchten schwarzen Stämmen zu verheddern

sich in ihnen zu verlieren mit schwerem Lehm zu verschmelzen

( Gedichte aus dem Band „Ihr Schmerz“)

Gleichnis einer alten Hündin

Ihr wachsendes Geschwür an der Milchdrüse

erinnert uns an die eigene Sterblichkeit.

Die Art wie still sie den Schmerz erträgt

an unser Versagen.

Wenn sie leicht durch den gerade gefallenen Schnee gleitet

und sich sehnsüchtig zur Stadt umdreht

fühlen wir die eigene Angst vor dem Unbekannten.

Die Art wie sie frisst leidenschaftlich den Napf ausschleckt

ist unser Kleben am Leben

auch so verrückt.

***

wodurch unterscheidet sich

ihr Schmerz von deinem

sie erträgt ihn besser

als du den reinen

Gedanken an ihn

mein Tag ist voller Fragen

und wenn also Gott ist

und weder in mir

noch in dir

sondern im Raum zwischen uns

ist durch die Entfernung

warum wir ihn nicht fühlen

beginnen wir ihn zu empfinden

wenn wir aus uns heraustreten

können wir die Grenzen unserer

Körper verschieben?

unseres Bewusstseins?

und wo ist bei all dem ihr Gott

und warum lässt er ihr Leiden zu

hat er Augen? auch Hundeaugen?

und der Gott der Ente, die wir

gestern mit Kraut gegessen haben,

ist? und wo hat er sich versteckt

weiß er, dass für uns ein weiterer

Tag zum Guten heißt

ein weiterer den wir verbringen

mit leerem Fragen nach ihm?

nach dem Sinn?

Liebespaar aus Suchomasty

vom Teich unterhalb des Schlosses

auf der hinnigen Straße

aneinander gewöhnt

so dass der Schritt

nicht abgestimmt werden musste

Hand in Hand

Sicherheit in den Augen

dass alles anders wird

als sie es kennen

alles kroch ihnen

auf den Fersen

***

Langsam langsam verwisch´ma die Spuren.

Jeder Schritt verlangt

großen Mut.

Bei jedem von ihnen

wiederholt sich der Tod.

***

Im Autobus

mit aller meiner Schuld und Sünde

schaue ich

auf den gelben Pappelguss

der um die Fenster fliegt.

Schwer zu sagen wer von uns sich wohin bewegt.

***

Es ist nicht wahr, dass dein Schmerz vergeht.

es wird eine Last, die dich zu Boden zieht.

Man kann nicht ständig fallen.

Sich nicht erheben – dieses Ungeschehen

das dich so beschäftigt.

***

Man möchte nur ins Leere schauen

und die Zeit beweinen bereuen

in der sich die Welt weiter dreht

ohne dich die Sachen auf denen dein Blick

nicht mehr verweilt.

Statt dessen schneide ich Fisch rühre Salat denke

dass ein paar Tannennadeln nicht schaden.

Ich koste, aber der Geschmacksgenuss ist fort.

Wenn ein Hund stirbt, wissen alle worum es geht.

Darf man aber nicht lange trauern

weil lange Trauer den guten Geschmack

verletzt. Es ist ungehörig. Dafür

ist kein Platz. Es existiert keine Art,

ihn zu begründen.

Doppelter Tod

Zum zweiten Mal verwisch`ma die Spuren unverzüglich. Hals über Kopf.

Um Mut geht es nicht mehr. Etwas muss gemacht

werden. Nicht denken.

Wenn der erste Hund stirbt, wissen alle worum es geht.

Der zweite Tod, das ist

die Schule des Einmaleins.

Spott

des ersten Schmerzes.

***

So eine stille Welt erdrückt mich.

Die Vogelstimme in ihr

klingt wie ein Schuss.

Die menschliche Sprache gibt es für sie nicht.

V bukovém svahu

Zastavit se

do zlatozelené se zahledět

zjistit že štěstí není štěstí

bolest bolestí

Tak dlouho, dokud stromy

nepřestanou být stromy.

Tak dlouho, dokud se jimi

znovu nestanou.

Před odjezdem

Zdálky to vypadalo jako tanec.

Nohama šoupali jsme o zem,

v objetí těsném, že jsme si až

brali dech.

Jen za zády plot a vysoké kopřivy,

pod nohama skřípal štěrk.

Byla to tvoje poslední cesta,

z níž neměl ses vrátit živý.

Beze slov slíbili jsme si

věčné spojenectví.

Ještě dnes cítím ty kosti křehké.

A tedy nelze uvěřit

prázdnotě dnešního rána.

(NEZAŘAZENO)

zanikáme

bezdomovci umrzávají

beze slov zvykli si ze jejich život nic neváží

ti šťastnější každé ráno poslušně

nastupují do autobusu visí

na madlech pohledy vraždí

ty ještě šťastnější

co sedí

než přijede metro

stokrát se vpije pomatená žena do tváří

všech procházejících stokrát

probouzející se úsměv zhasne

prý pročpak se ještě usmívat

we cease to be

the homeless freeze to death

wordless they got used to their lives being weightless

the luckier ones get obediently

on the bus every morning hang

onto the straps their looks murder

the ones even more lucky

who can sit

till the tube comes

a hundred times the crazy woman soaks into all faces

of the passers-by a hundred times

a waking-up smile perishes

they say why keep smiling

(přeložila Martina Knápková)

***

Včera ještě se všemi

v posledním slunci na zahradě

Dnes

mokne v lese

drkotá zuby

Přes clonu toho,

co se zdá být

deštěm,

zkouší dohlédnout toho,

co se zdá být

skutečností

A kroky vzadu se zrychlují

a blíží

Ohlédne se – jen prázdno

beroucí na sebe

podobu vody padající z nebe…

LENKA DAŇHELOVÁ (b. 1973) Poet, prose writer, artist, translator from Italian, French, Polish and Slovak. She has worked as a journalist, translator and editor. At present she is the Czech editor of POBOCZA. She has published one novel and one collection of poems is in press. Her poems have been translated into Polish, Serbian, Sloveninan and Italian, and published in poetry magazines both in the Czech Republic and abroad. She lives in Beroun, near Prague.

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Autor

Daňhelová, Lenka

Narozena roku 1973 v Krnově (ČSSR), b

 

Übersetzer

Amon, Pavlina