Hakl, Emil

Der Prosaschriftsteller und Dichter Emil Hakl (mit eigentlichem Namen Jan Beneš) wurde am 25. März 1958 in Prag geboren. Er besuchte das Jaroslav-Ježek-Konservatorium und übte anschließend verschiedene manuelle Tätigkeiten aus. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts arbeitete er als Texter in Reklameagenturen und 2001 als Redakteur der Literaturzeitschrift „Tvar“ (Die Form). Ende der achtziger Jahre hatte er sich an der Gründung einer losen literarischen Vereinigung namens „Moderní analfabet“ beteiligt, später mit dem literarischen „PANT klub“ und dem „Literární a kulturní Klub 8“ zusammengearbeitet. Er lebt in Prag.

„Alle deine Geschichten laufen halt immer auf zwei Themen hinaus“, läßt Emil Hakl in der Novelle O rodičích a dětech (Von Eltern und Kindern) den Vater des Erzählers sagen. Tatsächlich decken sich die thematischen Koordinaten, aber auch die poetischen Qualitäten dieses Werks im Großen und Ganzen mit jenen der Erzählungen von Hakls Debüt Konec světa (Das Ende der Welt) und des darauf folgenden Romans Intimní schránka Sabriny Black (Die Kummerecke der Sabrina Black) wie auch zweier schon früher erschienener Gedichtbände. In der Novelle O rodičích a dětech, einem tragisch-grotesken Dialog zwischen Sohn und Vater, tauchen wir ein in einen intuitiven Strom scharf pointierter und zugleich poetischer Histörchen und Erzählungen, Mikrogeschichten und Mikrodramen; gemeinsam mit dem Autor warten wir auf den „Augenblick, wo der graue Star der Gewohnheit aufreißt, wo endlich etwas, irgendetwas geschieht“. Im Mittelpunkt von Hakls Erzählungen steht sein Alter Ego Jan Beneš, und seine Werke haben einen ausgeprägten „topozentrischen“ Charakter (die Handlung spielt immer in Prag, auf der Fläche mehrerer Quadratkilometer). Angesiedelt sind sie in der jüngsten Vergangenheit, in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Hakl steht im Bann der flüchtigen Wirklichkeit, der, wie er in Intimní schránka Sabriny Black schrieb, „heißen, elektronischen, mit Signalen und Nachrichten aufgeladenen Welt“, die er in Worte überträgt. Hinter der äußeren Hülle seiner Prosa und Poesie, nach der der Alkohol und die Erotik ihre herausragenden Themen zu sein scheinen, verbirgt sich ein hypersensibler Outsidertyp, dem die Magie des Worts die Möglichkeit bietet, seine geheimen Lebensträume zu sublimieren. Mit der Novelle O rodičích a dětech kam gleichzeitig ein markantes Novum in die Welt von Hakls Prosa: die fühlbare Abkehr des Autors vom äußeren zum inneren Modus. Während es ihm in den beiden früheren Büchern überzeugend gelungen war, das gesellschaftliche Klima der achtziger und vor allem neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts umfassend und in origineller Weise nachzuzeichnen und dem Leser so die Gelegenheit zu bieten, sich eindeutig mit einem kollektiv gültigen Erlebnis zu identifizieren, rekonstruiert seine dritte Prosa bereits ausschließlich die individuelle Mythologie der beiden Protagonisten. Der Weg von Vater und Sohn über die Prager Letná, durch die Stromovka und durch Bubeneč ist gleichzeitig ein Weg aus der Position des die Bewegungen und Metamorphosen der äußeren Welt registrierenden traditionellen Kolář’schen „Augenzeugen“ in Richtung einer konzentrierten Position der Introspektion, in der alle übrigen Figuren höchstens überflüssige Komparserie bedeuten. Hakls dialogisches Schürfen im Erinnerungsflöz von Vater und Sohn ist diesmal darauf ausgerichtet, das Familiengedächtnis zu rekonstruieren, den Stammbaum seiner Familie bis in die untersten Schichten zurückzuverfolgen und auf diesem Grundriss wenigstens teilweise die Chiffre der eigenen Existenz in einem jetzt und hier benannten Raumzeit-Kontinuum aufzudecken. Der geschlossene, in sich gekehrte Ausdruck, den Emil Hakl in diesem Werk erzielt und in dem sich seine früheren - auf eine „ergreifend dumme Bevölkerung“, auf all diese „tatkräftigen, glattrasierten Optimisten mit ihren gelockerten Krawatten“ abzielenden - hämischen Invektiven völlig verflüchtigten, ergibt sich nicht nur aus dem absolut linearen Erzählstil, sondern auch aus dem Charakter des Schreibens an sich. Hakls Nachdruck auf dem spontanen poetischen Strom der direkten Rede, die eine unkaschierte Transkription der Kneipensprache mit ihrer ganzen Expressivität darstellt, stellt ihn einerseits in die Reihe jener Autoren, die das literarische Vermächtnis Bohumil Hrabals weitertragen, und rückt ihn andererseits in die Nähe seines Generationskollegen Václav Kahuda. Während der Sinn des Hrabal’schen Bafelns jedoch das Aufspüren und Finden poetischer „Perlchen auf dem Grund“ ist, legt der „totale Realist“ Hakl dem Leser das Bekenntnis eines Mannes vor, der mit der weisen Distanz des Skeptikers zu verstehen gibt, sich oft mit sich selbst keinen Rat zu wissen, das Gefühl zu verspüren, dass „das Leben uns wie ein Autobus mit einem von einem Schlaganfall getroffenen Fahrer unter dem Hintern davonfährt [...]“, und folglich einfach keine Zeit zu haben, um nach „Perlchen auf dem Grund“ zu suchen. Ähnlich verhält es sich mit Kahuda, dessen leicht exaltierte, nervöse und ausladende Etüden sich in ihrer fatalen Eindringlichkeit und durch die Sehnsucht nach metaphysischer Überhöhung in den unendlichen Tiefen des menschlichen Universums, jener flüchtigen und aus der Bahn weichenden Momente, „da in einem Menschen das Stockwerk des Alltags durchbricht“, verlieren. Der von Selbstironie erfüllte Hakl hingegen wandelt mehr an der Oberfläche der Dinge, hält sich ausschließlich an die Wirklichkeit, deren magische Dimension sich ihm spontan und wie durch einen selbstverständlichen Zufall offenbart.

Bibliographie:

Rozpojená slova Mladá fronta 1991 Tschechisch

Zkušební trylky z Marsu Cherm 2000 Tschechisch

Konec světa Argo 2001 Tschechisch

Intimní schránka Sabriny Black Argo 2002 Tschechisch

O rodičích a dětech Argo 2002 Tschechisch

O létajících objektech Argo 2004 Tschechisch

Let čarodějnice Argo 2008 Tschechisch

Siehe auch

Personaldaten

Herr Hakl, Emil
Ort: Prag/Praha
Tätigkeit:
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Geburtsdatum: 1958-03-25
Geburtsort:
Todesdatum:
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