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Daniela Kapitáňová
Samstag
Ein Mädchen spielte am Ufer eines FKK-Strandes mit Steinchen. Sein Vater lag daneben und schaute verschlafen zu. Er fragte sie:
„Was machst du da?“
„Ordnung,“ sagte das Mädchen.
„Ordnung?“ Lachte er.
Das Mädchen schaute finster und machte weiter. Alle Steinchen ringsherum waren nach den Farben in gefällige Häuflein sortiert.
Der Vater drehte sich zur Seite, stützte den Kopf auf und schaute auf die Tochter.
„Und warum machst du hier Ordnung?“
Das Töchterchen schaute nicht einmal auf den Vater, sie beugte sich nur zu seinem Bein und grub nur unter ihm einen flachen dunkelgrauen Rundstein heraus. Sie legte ihn zu dem grauen Häuflein, dann nahm sie ihn wieder, ging ein paar Schritte zum Fluss, wusch ihn im Wasser und legte ihn zum schwarzen Haufen. Erst dann schaute es zum Vater.
Der Vater riss einen trockenen Grashalm ab und kitzelte damit die Tochter am nackten Bäuchlein.
Das Mädchen zuckte heftig zusammen und setzte sich so, dass sie außer Reichweite war. Der Vater lachte.
„Alle Steinchen sind auseinander geworfen,“ sagte die Tochter vorwurfsvoll.
Der Vater drehte sich auf den Rücken und erklärte:
„Sie sind nicht auseinander geworfen, so hat sie das Wasser hierher gebracht.“
Das Mädchen richtete einen strengen Blick auf das Ufer des Flusses. Es stand schnell auf, nahm sich das Eimerchen, ging zum Ufer und füllte das Eimerchen bis an den Rand mit Steinchen. Es kehrte zurück, schüttete sie aus und begann sie aufzuteilen. Der Vater setzte sich, kramte einen Augenblick im Häuflein roter Stein herum, wählte einen aus und bot ihn der Tochter an:
„Schau, woran erinnert er dich?“
Das Mädchen schaute auf den Stein und teilte weiter die Steine ein.
„Gefällt er dir nicht?“
„Er gefällt mir,“ brummte das Töchterchen.
„Seht ganz so aus wie ein Biskuit, ge?“
Sie zuckte mit den Schultern, nahm dem Vater das Steinchen aus der Hand und legte es zurück.
Der Vater wurde nachdenklich und sagte:
„In der Natur gibt es keine Unordnung. Unordnung,“ der Vater zeigte auf ihre Strandtasche, „wäre, wenn wir hier Flaschen liegen lassen würden oder...“
Die Tochter nahm ihn bei der Hand und unterbrach ihn:
„Gehen wir dahin,“ sie zeigte ein Stück weiter. „Hier habe ich schon aufgeräumt.“
Der Vater seufzte, nahm Tasche und Decke und folgte der Tochter.
„Bleiben wir hier,“ sagte sie nach ein paar Schritten. Sie breiteten die Sachen aus, bevor das Mädchen mit dem Sammeln der Steinchen begann.
„Wollen wir nicht baden gehen?“
„Lass mich,“ schrie die Tochter, „lass mich runter!“
Er hielt sie fest und lachte unnatürlich fröhlich. Das Mädchen begann aus Leibeskräften zu zucken und trat in die Luft. Die Leute ringsherum begannen sie beunruhigt anzuschauen.
„Lass mich runter,“ schrie es, „lass mich runter.“
Plötzlich wurde es starr und begann zu weinen. Der Vater legte die Tochter vorsichtig auf die Erde. Wortlos drehte sie sich um, nahm das Küberl und ging zum Ufer. Der Vater rief ihr zu. Sie drehte sich nicht einmal um. Er stand auf und rief ihr wieder zu. Das Mädchen bewegte sich neben dem Wasser mit gleichmäßigem schnellem Schritt. Er begann zu ihr zu laufen und schloss sich ihr an. Schweigend gingen sie neben einander. Sie gingen bis an den Rand des FKK-Strandes an die Schirmwand aus Leinen. Das Mädchen fasste ihn bei der Hand. Er atmete schwer und kniete sich zu ihr. Mit stockender Stimme flüsterte er:
„Es ist gut, dass du Ordnung gern hast, meine Seele.“
Das Mädchen legte den Zeigefinger auf die Nasenspitze des Vaters und sagte:
„Mama hat gesagt, dass du niemals ein ordentlicher Mensch warst.“
Der Vater richtete die Augen zum Himmel und atmete mit offenen Mund.
„Ja,“ sagte er mechanisch. Er stand auf und fasste sie bei der Hand.
„Ja, Mama hat recht, ich war nicht ordentlich.“
„Du hast im Zimmerchen nicht aufgeräumt?“ Fragte die Tochter vorsichtig.
Der Vater lachte traurig.
„Ich habe im Zimmerchen nicht aufgeräumt, wie du sagst.“
Sie gingen zur Decke zurück und der Vater begann Steinchen zu sammeln und ordnete sie. Das Mädchen beobachtete ihn ernst und schloss sich ihm nach einer Weile an.
„Wir werden weil Arbeit haben,“ lachte der Vater und zeigte auf den Strand, bis wir hier ganz aufgeräumt haben.“
Das Mädchen nickte und fragte nach einer Weile
„Du holst mich doch auch nächsten Samstag, nicht wahr?“
„Selbstverständlich hole ich dich.“
Das Mädchen nahm einen kleinen rosa Stein in die Hand.
„Schau, auch der sieht aus wie ein Biskuit.“
Der Vater nickte und Tränen traten ihm in die Augen. Die Tochter fuhr fort:
„Ich sage Mama, dass sie uns nächsten Samstag länger zusammen lässt, denn ich muss am Ufer Ordnung machen, o.k.?“
„Ja, meine Seele,“ sagte der Vater. Plötzlich stand er auf, nahm den ersten größeren Stein, der ihm in die Hand kam und warf ihn mit voller Kraft ins Wasser.
Das Mädchen wurde finster und begann noch emsiger die Steinchen zu ordnen.
Übersetzt von Stephan Teichgräber
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