Dienstag 19. Dezember 2023, 18.00 Uhr
Wiener Philosophisches Forum
Sprache: Deutsch/ Russisch/ Belorussisch/ Englisch
Olga Shparaga (Wien)
Von Frauen*märschen zu weiblichen caring resistans im Gefängnis: Belarus auf dem Weg aus der Diktatur
Die Massenproteste, oder revolution-in-progress 2020, wie ich sie nenne, haben nicht nur die belarusische Gesellschaft, sondern auch die Frauen als einen bedeutenden Teil von ihr grundlegend verändert. Belarusische Frauen, die sich als Feministinnen definierten und oder auch nicht, spielten während dieser Proteste eine Schlüsselrolle. Sie boten der gesamten belarussischen Gesellschaft und ihren vulnarabilsten Gruppen eine Vielzahl von Formen der Solidarisierung und des Widerstands. Dadurch erhielt die belarusische pro-demokratische Bewegung (im Moment, vor allem außerhalb von Belarus) qualitativ neue Führungspersönlichkeiten und Visionen für die Zukunft von Belarus, in der die feministische Politik eine entscheidende Rolle spielen muss. Da die friedlichen belarussischen Proteste jedoch keinen politischen Regimewechsel herbeiführen konnten, hört Lukaschenko nicht auf, die belarusische Gesellschaft zu terrorisieren. Seit drei Jahren werden täglich Dutzende von Menschen inhaftiert, mindestens 1.500 Menschen befinden sich als politische Gefangene in Gefängnissen und Strafkolonien, und insgesamt 45.000 Belarus*innen haben direkt irgendeine Form von Gewaltanwendung durch das belarussische Regime erlebt. Dennoch haben die Belarus*innen ihren Widerstand nicht aufgegeben, und Frauen spielen dabei weiter eine besondere Rolle. Ein Beispiel dafür ist der so genannte „fragile Widerstand“ der Frauen in den belarussischen Gefängnissen und Strafkolonien, der sich auf die fürsorgliche Solidarität als wesentlichen Bestandteil sowohl des Widerstands als auch des zukünftigen, demokratischen Belarus bezieht.
Olga Shparaga, Dr.in phil., Jg. 1974, lehrte bis 2021 Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk (ECLAB), welches sie im Jahr 2014 mitbegründet hat. Sie hat in Minsk und Bochum studiert. Von 2001 bis 2014 unterrichtete sie Philosophie an der Europäischen Humanistischen Universität in Minsk und Vilnius, seit 2005 einer belarussischen Hochschule im litauischen Exil. Sie lehrte und forschte an Universitäten und wissenschaftlichen Zentren in Tschechien, Polen, Litauen, Deutschland, Schweiz und den USA.
2006-2014 war sie Redakteurin der intellektuellen Zeitschrift «Novaja Eŭropa» («Neues Europa»).
Sie gehört dem wissenschaftlichen Rat der Zeitschriften Ideology and Politics Journal und pARTisan an. Sie ist Autorin von drei Büchern. Die Gemeinschaft-nach-dem-Holocaust. Unterwegs zur Gesellschaft der Inklusion (Minsk, ECLAB-books, 2018, auf Russisch), wurde 2019 als das beste philosophische Buch vom Internationalen Kongress der Forscher in Belarus ausgezeichnet. Olga Shparaga ist Co-Redakteurin von 7 Sammelbänden. Im Sommer 2021 erschien ihr Buch Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus im Suhrkamp Verlag. Auf Russisch wurde dieses Buch in Vilnius im 2021 herausgegeben und im 2022 vom Ales-Adamowitsch-Literaturpreis des Belarussischen PEN-Zentrums ausgezeichnet. Im Dezember 2022 erschien das Buch mit einem neuen Kapitel auf Litauisch.
Olga Shparaga ist Mitbegründerin der Fem-Gruppe im Koordinationsrat rund um die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. Als Mitglied der feministischen Gruppe wurde sie im Oktober 2020 inhaftiert. Um einem drohenden Strafprozess zu entgehen, floh sie nach Vilnius. Olga Shparaga lebt im Exil und ist seit dem Juli 2022 Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen (https://www.iwm.at/fellow/olga-shparaga).
Über Olga Shparaga in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolha_Schparaha
Ort: Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur
Spengergasse 30-32
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Tel.: +43 1 9419358
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