Zonová, Anna

Die Schriftstellerin Anna Zonová wurde am 24. April 1962 in Nižný Komárnik in der Slowakei geboren. 1985 machte sie ihren Abschluss an der Fakultät für Bauwesen der Technischen Universität (?VUT) in Brünn. Gegenwärtig lebt sie in Moravský Beroun, wo sie seit 1994 an der Vorbereitung von Ausstellungen zeitgenössischer bildender Kunst in der dortigen Kirche mitarbeitet. Sie ist ebenfalls als Ausstellungskuratorin tätig und publiziert Artikel und Feuilletons vor allem in der Wochenschrift Literární noviny (Literaturzeitung).

Einen Namen machte sich Anna Zonová als Kritikerin für bildende Kunst. Ihre Texte und Rezensionen wurden u. a. in den Zeitschriften Host (Der Gast), Ateliér und Literární noviny veröffentlicht.

Doch erst mit knapp vierzig Jahren veröffentlichte sie ihre Prosadebüt, den Erzählband „?ervené boti?ky“ (Die roten Schühchen). Die eigentliche Absicht dieser spröde erzählten Geschichten ist nicht allein das Zeichnen einer Atmosphäre, die in einer vergessenen Gegend spürbar gegenwärtig ist: im nordmährischen Altvatergebirge (Jeseník), also in jenem Teil Tschechiens, der am äußersten Rande sowohl des schriftstellerischen als auch des öffentlichen Interesses bleibt und der auf seine Weise eine Art Grenzgebiet im Landesinnern darstellt. Sicherlich prägen die Realien dieses Winkels von Nordmähren und seine charakteristischen Bewohner – nicht selten Menschen, die sowohl durch ihre eigenen Schicksale (von tragischen über tragikomische bis hin zu tragisch-grotesken) als auch durch die Geschicke ganzer Länder gezeichnet sind – die einzelnen Erzählungen durch eine unnachahmliche Atmosphäre, doch ganz allgemein geht es keineswegs lediglich um ein klassisches Beispiel für Regionalliteratur, auch wenn das einige kritische Reflexionen zu Anna Zonovás Buch so sehen wollten.

Dabei erzählt die Autorin tatsächlich in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich spezifische Geschichten von Bewohnern ihrer – faktisch gesprochen – Heimatregion (obgleich sie selbst in einem anderen ethnischen Gebiet geboren wurde). Jedes Mal geht es in diesen Texten um höchst unterschiedliche Fälle von gestörten Seelenzuständen, ob es sich nun um kauzige Individuen handelt oder um Menschen, die von launischen Zufällen verfolgt zu sein scheinen. Und manchmal tatsächlich auch um trostlos traurige Schicksale von Paaren, die sich weder mit ihrer eigenen Existenz noch mit ihrem Zusammenleben zu helfen wissen. In vielen Situationen, die die Autorin hier beschreibt, scheinen ihre Figuren und Figürchen auf ihrem Lebensweg mannigfaltigen, auf den ersten Blick unüberwindlichen Schwierigkeiten ausgeliefert zu sein. Das Lapidare in Anna Zonovás Erzählstil erinnert in erster Linie an expressionistische oder kubistische Silhouetten. Aus diesem Grund wäre es auch sinnlos, in ihren Skizzen irgendeine psychologische oder Charakter schildernde Logik sehen zu wollen. Die Welt der Anna Zonová ist in der Hand der Alogismen, alles in dem von ihr beschriebenen Milieu des Altvatergebirges scheint aus den Fugen zu sein, allerdings in einem Maß, dass uns auch noch so absonderliche Charakterzüge, die zugleich einen bestimmten Typus unveränderlicher menschlicher Natürlichkeit vermitteln, nicht verwundern. Die Kritik hat nach dem Erscheinen von „?ervené boti?ky“ zu Recht festgestellt, dass eine neue, markante Erzählerin auf der Bildfläche erschienen ist – und es ist offensichtlich, dass sie kreative Anlagen auch für eine größere Erzählung, eine Novelle, einen Roman hat.

Die Verknüpfung von Kurzgeschichte und größerer epischer Einheit versucht Anna Zonová in ihrem Buch „Za trest a za odm?nu“ (Zur Strafe und zum Lohn). Es stellt ein eigenwilliges Mosaik dar, das retrospektiv zu den Nachkriegsjahrzehnten im Altvatergebirge zurückkehrt, beginnend mit den Fünfzigerjahren, das heißt, mit der Zeit nach der gewaltsamen Vertreibung der Bewohner der mährischen Sudeten mit deutscher Nationalität. In diesem Buch bemüht sich die Autorin einerseits um ein Relief der Zeit, betrachtet durch das Prisma von Geschichten aus dem Leben verschiedener „erniedrigter und verletzter“ Menschen und Menschlein, andererseits um das Erfassen einer gewissen zeitlosen menschlichen Erfahrung. In dieser Richtung hat auch der Titel des Werks emblematische Bedeutung: Viele der jetzigen oder noch bis vor kurzem dort ansässigen Bewohner sind oftmals notgedrungen (insbesondere Immigranten) ins Grenzgebiet am Altvatergebirge geschickt worden, oftmals auch als Strafe, das heißt als eine indirekte Form von Verbannung (zum Beispiel politisch verfolgte Familien). Gleichzeitig konnte für sie das Leben in dieser Gegend nach und nach und mit zeitlichem Abstand auch zu einer Art Belohnung werden. Es unterdrückte in den Menschen die häufigen Äußerungen von Egoismus und die Neigung zu kurzsichtigem Denken und Handeln.

Anna Zonová wählt im Buch für ihre reliefartige Verkürzung wirklich sonderbare menschliche Geschichten: Zum Beispiel die Wendepunkte im Leben einer ehemaligen Prominenten des Regimes oder ihres Sohnes, eines Diplomaten, und andererseits die Gemütszustände eines Dorftölpels, der das Weltgeschehen überwiegend in gelegentlichen Repliken oder vermittels zufälliger Erkenntnisbruchstücke wahrnimmt. Die erzählte Geschichte wird bis in die Gegenwart weitergeführt, in der sich der Mythos der Gegend verflüchtigt und es zum evidenten Wertechaos kommt, wofür die Verknüpfung von Liebe (oder auch Sex) mit Tod und Untergang kennzeichnend ist. (vn)

Bibliographie:

?ervené boti?ky (Die roten Schühchen). Verlag Petrov, Brünn 2001.

Za trest a za odm?nu (Zur Strafe und zum Lohn). Verlag Torst, Prag 2004.

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Frau Zonová, Anna
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