DasGlobale als das Unmittelbarwerden des Absoluten oder die Gegenwart als Philosophisches Problem

Der Begriff "Universalgeschichte" bedarf der Erklaerung. Wir schlagen nicht nur eine klare begriffliche Unterscheidung zwischen Geschichte und Geschichtsphilosophie, sondern auch zwischen "Geschichtsphilosophie" im traditionellen Sinne und "Universalgeschichte" (die sich im englischsprachigen philosophischen Raum unschwer als "universal history" benennen laesst) vor. Die Differenz zwischen diesen beiden Arten der Philosophie der Geschichte ist weitreichend. Denn eine richtige Philosophie der Geschichte ist berufen, den Gesamtprozess der menschlichen Entwicklung philosophisch reflektiert zu konstituieren und darzustellen. Dagegen besteht die ursprüngliche Aufgabe der Universalgeschichte nicht in einer ganzheitlichen und theoretischen Darstellung des historische Gesamtprozesses, sie muss mehr essentialistisch sein und jene Essenz des Gesamtprozesses in der Form einer einzigen Konzeption entwerfen, die auch schon direkte und explizite kausale Optionen für die Erklaerung dieses Gesamtprozesses enthaelt.

Wir wollen nicht behaupten, dass nach 1945 einzig die Tatsache der Zweiteilung ein Faktum von universalgeschichtlicher Relevanz gewesen ist. Die Zweiteilung war jedoch die bestimmendste universalgeschichtliche Tatsache, und zwar vor allem, weil sie URSPRÜNGLICH eine Zweiteilung war, die einen "latenten" und "allgegenwaertigen" (eben den "kalten") Krieg konstituierte, denn dieser "kalte" Krieg potenzierte die Konfrontation der beiden Weltteile ins Universale. Zur extremisierten Konfrontation der politischen Systeme gesellte sich diejenige der Ideologie und der ganzen Weltanschauung ("man schaute in der zweigeteilten Welt in der Tat zwei verschiedene Welten", wobei die eventuellen Grenzüberschreitungen mit Notwendigkeit als das höchste Verbrechen angesehen werden sollten, die Kontakte zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Welten waren schlicht verboten, Feindbilder waren alltaegliche Realitaet, sogar noch auch die eigene Identitaet wurde ausschliesslich in diesem konkreten und allumfassenden Feind-Freund-Verhaeltnis definiert.

Wie jedoch die Zweiteilung selber die umfassendste Grundstruktur jener Zeit abgab, auch das durch Gorbatschow konkretisierte (im Prinzip aber selbstverstaendlich nicht die einzig mögliche) Ende der Zweiteilung begründet ebenfalls eine neue Grundstruktur unserer Welt und sie ist eben die Globalisation unserer Zeit. Die universalgeschichtlich in unserem Zusammenhang wohl wichtigste Tatsache ist selbst eine komplexe und synthetische. Sie ist mit dem Ausgang jenes historischen Moratoriums identisch, über welches das System des realen Sozialismus auf legitime Weise verfügte.

Nach der Andeutung der SINGULARITAET und des UNIVERSALHISTORISCHEN Charakters der Gegenwart waere nunmehr die Frage nach einem "Ende der Geschichte" zu stellen. Die Geschichte eines Staates, einer Institution oder etwa einer Wissenschaft ist somit auch von der Subjektseite aus bestimmt, so dass ein "Ende der Geschichte" in allen jenen Faellen ohne weitere Probleme möglich waere, wenn etwa das zur Grundlage der Definition der Geschichte dienende Subjekt untergeht. Die Adaequanz einer Auffassung vom "Ende der Geschichte" ist also eine Frage der Entsprechung der einsetzenden historischen Situation mit den selbstgegebenen Bedingungen und Kriterien der Theoriebildung.

Der Gehalt der These vom "Ende der Geschichte" war es also nicht, dass die Zweiteilung zu Ende ging, obwohl der wirkliche Inhalt dieser These AUCH mit einem Ende der Zweiteilung gleichbedeutend gewesen ist. Aehnlich stand es mit der ebenfalls akzentuierten Interpretation, dass die These vom "Ende der Geschichte" eigentlich ein Ende der Ideologien in der Form des "Sieges des Liberalismus" aussagen gewollt hatte. Es war ebenfalls nicht der direkte Inhalt dieser Theorie, obzwar auch auf diese Version bezog es sich, dass die wirkliche These auch noch diesen Inhalt durch isomorphe Sktukturierung der Aussagen beinhaltete.

Dass die Bestimmung der Geschichte generell mit einer breit verstandenen Herr-Knecht-Relation (unter ihnen der Klassenkampf war nur der eine) geschieht, ist ein weit verbreiteter Topos in der philosophischen Analyse der Geschichte, wie eben auch, dass das Ende dieses ewigen Kampfes schon DAS Ende der Geschichte sei. Dass das "Ende aller Kaempfe" den im vorhinein konkret angebenenen Kriterien gemaess auch ein "Ende der Geschichte" sein kann, laesst sich ohne grössere Schwierigkeiten verstehen.

Der siegreiche Teil der Welt hat die Werte nicht veraendert, in deren Zeichen sie ihren historischen Sieg erkaempft hatte. Für die tatsaechliche Verwirklichung dieser Werte tat diese Haelfte der Welt aus eigener Einsicht nicht besonders viel, so dass sie sich anschickte, den Umfang und den Inhalt der siegreichen Werte für den "anderen" Teil aus leicht durchschaubaren egoistischen Motiven zu minimalisieren. Waehrend für Kant, Hegel und viele andere das Universum der liberalen Werte mit Verfassung, Menschenrechten, Gewaltenteilung und Autonomie identisch war, laesst sich der Kreis der minimalisierten Werte in der Treue zur monetaristisch-restriktiven Wirtschaftspolitik und im grosszügigen Verhalten den eigenen Minoritaeten gegenüber zusammenfassen. Dies heisst aber auch, dass sich vielleicht auch eine Herr-Knecht-Problematik neuer Qualitaet ihren Anfang nimmt. Damit erscheint jedoch auch eine spezifische Dialektik. Das Nicht-Eintreten von der These vom „Ende der Geschichte” führt zur Bewahrheitung einer Analyse der globalen Weltstruktur.

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