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Pavel Řezniček
Aller Heiligen
Tote bekommen kein Schnitzel
Tote müssen kuschen
Tote müssen Männchen machen
Immer wenn ich ihnen ein Stück Zucker zuwerfe
Voller Krempel aus alten Schränken
Tote müssen dem Papierdrachen am Horizont zuschmunzeln
Auch wenn er ihnen nichts anderes bringt
als Schweiß Blut und Tränen
Das alles fiel mir ein als ich spazierenging
zu Allerseelen auf dem Friedhof von Olšany
Dort habe ich meinen besten Kameraden Štěpán Kolář
Auch unser Grab auf dem siebten Friedhof zehnte Abteilung Grab Nr. 249
Mein Nachbar um einige Reihen weiter aber in der gleichen Abteilung
ist der Schriftsteller Karel Pecka
Und der sonderbare Baron von Wurm
Interessant dass Štěpán Kolář in der Nähe seines Grabes
Baron Villani hat
Zu Allerseelen war es kalt ich freute mich auf zu Hause
Es warteten Schnitzel auf mich
Es war Samstag und auf mich wartete das Mittagessen
Zu dem Štěpán Kolář niemals mehr kommt wie früher
Sein Schnitzel fresse ich jetzt
Aber den Drachen für mich auf den geschrieben steht:
Tränen Schweiß und Blut
Lässt er jetzt von seinem Grab steigen
Da kann man nichts machen
Wirklich es läßt sich nichts machen
Tote müssen kuschen
und ihre Schnitzel fresse ich
Weißbrot
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch
erhängte sich im Park Židovské pece
in Žižkov
Schauermann Untermüller
von uns aus der Arbeit
In der Tasche er einen Zettel hatte
mit dem Satz „Leb wohl, meine Liebe!“
und sich wegen einer schönen Zigeunerin erhängte
die ihn verlassen hatte
Du bist keine Zigeunerin
aber bist schön
und ich hänge neben Untermüller
am selben Ast
Hänge dort in der Luft
/ selbstverständlich
wenn ich den Mut des Schauer
-mannes Untermüller fasste
Ich habe nicht den Mut gefasst
einen Zettel in der Tasche zu lassen mit dem Satz
„Leb wohl, meine Liebe“
Ich fasste nur Mut
mich in Regen
mit Schnee zu verwandeln
der das tote Gesicht abwäscht
und den roten Schnurbart des Schauermannes Untermüller
Ich fasste Mut
dieses Gedicht zu schreiben
und mich in eine Schlange zu verwandeln
mit den Augen eines seltsamen Urwalds
aus weißem Brot
Ofen
Vögel auf den Schulterblättern
diese auf dem Rücken das gewisse Etwas
Ihn schmückten sie mit Pfauen
Und Bundspechten
Den Gevatter Tod
Vögel auf den Schulterblättern
Wenn sie sich im griechisch-römischen Ringkampf
Ihrem Bezwinger ergeben
Den toskanischen Makkaroni
Mit dem größten Amethyst in der Tiefe der Zunge
Vögel auf den Schulterblättern
Wenn man sie in den Ofen wirft
Weil die Kohlen ihre historischen Rollen zu Ende spielten
Und jetzt wird mit Vögeln geheizt werden
Lange
Abgebrannte Streichhölzer
unter einem Haufen Blätter
irgendein Straßenfeger brennend wie eine Fackel
am Himmel oder an der Schlinge
nein das ist kein Straßenfeger
dieser Pappendeckel ist kein Himmel
das ist nur abgestandenes Regenwasser
in der Kehle des Toten
den sie auf der Post fanden wie er sich Brot abschneidet
er bestreicht es mit Schmalz streut Zwiebeln drauf und raucht Start
Aber dabei war er schon lange tot...
Fatwa
Als ich Salman Rushdi erschoss
/saß ich im Theater Olympic in der fünften Reihe Sitz Nummer 16/
ich setzte mich dann auf ein Fahrrad, das an der Wand lehnte in der Spalená Straße
und fuhr nach Teheran ab wo ich zufrieden lebte für 2 800 000 Dollar
In diesem Moment dachte ich an den unglücklichen Bedřich Smetana
/ich weiß nicht warum/
der 1871 von der Sängerin Adriana Rizzi Syphilis empfing
in diesem Moment erinnerte ich mich an die Sängerin Dagmar P.
/ich weiß auch nicht warum/
ich habe nichts gegen sie und mag sie sehr
als ich mit dem Fahrrad davon fuhr
sah ich den unglücklichen Blick von Karel Srp
der sich im Geiste sagte:
warum habe ich dem Řezniček diese Eintrittskarte
für Salman Rushdi gegeben.
Lawinen von Schnee verwunderter Dunkelheit
der Spielteufel der Perle
nichts erklärt die Traurigkeit von Barnabas
über den Brief des Kolibries
der brennt
Wäsche der Gallenblase
Tabak jagt Oregano
Die Zigarette den Alten
Rauch nicht stirb nicht aus
Auch nicht das Trockene das in den Gliedern reißt
Und geht auf der Demo von Mekka nach Medina
damit sich der Kalk von ihnen schält und Karte
Vielleicht ist Gottwalds Marta tot und warte
Am Hätschelstrauch hängt der Čepička
Mit Schild
Und der lebende Hüter über Stücke frisch geschnittenen Rindfleischs
träumt von der Ukraine
und einem Gürtel aus Sternen Wasser und Schweiß
Das wird aus Dynamit und Essig ein Bild
Das wird ein Bild aus silbernen Hackerln
Das wird ein Bild aus brennender Landschaft
und epileptischen Sackerln
Das Bild aus der Gallenblase wird ein Zeichen sein
dass ich dem Hund die Wäsche hole
Ich werde zu Stein...
Es sprach das Ren
Weil der Wahnsinn der Befürchtungen vor dem
Wahnsinn kranker Kühe
(Creutzfeld-Jacob) ausbrach
hörte ich auf Rindfleisch zu essen
ich fuhr nach Finnland mit einer großen Bestellung:
Nach Europa einige Waggons Rentierfleisch zu bringen
Die Rens betrifft die Rinderkrankheit nicht
Ich fuhr nach Finnland und sprach darüber
mit einem Ren
Es siezte mich ehrfürchtig verneigte sich und rieb sich den verschwitzten
Hinterkopf mit einem karierten Taschentuch:
„Glauben Sie, mein Herr, dass der Wahnsinn nur ein Strom der Asche und des Bluts ist
oder ein mit Galle gesalbter Kolibri, der in der Tabaksbüchse der Ewigkeit das Gedächtnis mit einem Schuss aus dem Porzellan auf die Knie zwingt.
Nein, der Sinn der Kuh, der Sinn des Rens und der Sinn des Wahnsinns ist ewig, und wenn Ihre angeschwollene rote Zunge nur ein Auge hätte. Der Wahnsinn ist das Ruder eines Motors und der Motor ist die Holzfaser der Königin Hekuba. Wo kein Öl der Azteken und Mayas gibt, gibt es auch keinen Maulkorb Hekubas. Die Mammute fegen nicht die Schalen der hartgekochten Eier fort, die Rentiere schon!
Und jetzt hinaus, du Bauer!“ schrie mir das Ren ins Ohr und stopfte mir zwei rohe Rindersteaks in den Mund.
(Ich schreibe das aus der Unterwelt hinter dem Fluss Lethe, im Mund ein Haufen Affodill, lilienartige Blumen, die nur im Reich der Toten wachsen, und schon bin ich nicht der Worte mächtig.)
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