Narrenhaus

Publication Data

Publisher:
ISBN:
ISSN:
Publication Date:
Edition:
In stock: NO
Country:

Lubor Kasal, Bláznův dům. Brno * Host 2004 – Übersetzung der ersten sechs Gedichte der Gedichtsammlung

Lubor Kasal

Das Narrenhaus

I

Vor dem Eingang kann vielleicht ein Bauchredner sein:

Ich bin ein Dichter knurrt der Magen

Oder jemand kann dort eine Schüssel für den Penis halten

irgendeine Figur vielleicht

jemandem rollt der altertümliche Kopf vom Hals

und aus dem Kopf spritzt vielleicht ein Berg Schmalz

der die Zunge zwei Meter weit ausstrecken kann

Vor dem Eingang kann der Schelm Nasredin still lachen

oder Purzelbäume schlagen

ein Fräulein verschwinden lassen

und sich mit dem Hammer auf den Finger dreschen

mit Božena und Agedon und Arkagan

die drei Alten aus dem Buch von Bränden und Wasser

können nur was sie glauben zu können

vielleicht alle begrüßen die es aushalten

nicht zu verstehen wenigsten einen ganzen Augenblick:

Wir grüßen euch Espenzweige versucht wacker zu sein!

Auch die im Edelmut nicht nachlassenden Schnellen Pfeile

können aus Gemeinheit Krokodile schwitzen

und den Weltrekord im Verschlingen von Ratten brechen

ja auch Buffalo Bill mit Setzwaage und flammenden Schwert

kann am Betonmischer auf dem Hof stehen

auch Dröhnender Donner mit Wackelohren und Zitterwellfleisch

kann reden zu immer tieferen Schichten

bis ganz nach unten

wo nur er selbst bleibt der Indianer Dröhnender Donner

so beflügelt so verlassen

dem Pferd in die Weichen mit der Wade:

Oj Logos in Diensten von Liebe und Licht!

Hoihoi ihr lügt und das ist schade!

Vor dem Eingang – da aber passt was hinein

so eine Senkgrube und die Pissesaugröhren

wo sich jeder verpinzelt

Sind Spülwasser Weihrauch und Worte zu hören

Und trotzdem – das Haus tränend mit dem Glasauge blinzelt

und die Tür öffnet sich stummer

Ein Haus ohne Adresse und ohne Nummer

II

Bewohnt wird das Haus

seine Pfeiler seine Höhlen ehestens von einer Laus

Im Halbdunkel der Vorzimmer

über den gekachelten Boden

in der Mauer und im Schimmer

überall verbreitet sich

der Blattläuse schwarzes Gemisch

schwarze Sterne und schwarze Monde

die Brunnen brennend kalt im Lehm

Kanonen die nach oben fahren

schießen auf himmlische Heerscharen

und treffen den Engel der Alparen

Warum hat es gerade mich gerichtet?

hat er gelitten

und der Bockkäfer schlichtet

die Manner Schnitten

für den Alpdruck im Leichentanze

die Termite bringt die Opferpflanze

der Ameisenlöwe zerhackt Ferdi die Ameise

und gleich zischt sie im Topf leise

die Schnellkäfer im Wein mit ihrem Schwanze

und schluchzen besoffen:

Warum er? Warum?

Warum nicht der Allzerstörer Holzwurm?

So klagen sie eine Weile ohne das Verstehen zu schaffen

bevor sie endgültig in der Tiefen waren

bevor sich auf der Oberfläche des Brunnens mit Haaren

die Käfer kräuseln die keine Menschen sind nicht einmal Affen

An schwarzen Plafonds drehen sich

schwarze Sterne und Monde

nach dem Wasser sind

die Gründe zufällig find

die fallen auf die Decke auf die Erde heraus

Und das Haus besiedelt die Höhlen

mit den Hinterbliebenen, Käfer und Laus

III

Schneemänner wohnen im dritten Stock in der Zelle

schlucken Kohlen, schneuzen sich die Möhren rot

Mama mit der Dauerwelle

fegt mit dem Besen dennoch sind sie tot

und Kälte ständig von ihnen wehe

zwei Kraben kriechen über die Tonleiter

auf das schwarze Piano fällt Schnee

Mama auf den Schuhabsätzen weiter

die Tasten klappern wie Metallzähne

der Schneemann wird immer schlimmer

übt die Etüde bis zur letzten Träne

und seine Finger werden zu Glimmer

damit nicht zerfließt die Glut

in den dritten Stock als Aussichtspunkt

schlägt Papas rote Wut

sinken die Tage hinunter auf den Grund

Papa dort ist nur eine Niete

Mama im weißen Kostüm

damit sie sich nicht einen anderen miete

Hat Mama noch dieses Ungestüm?

Schneemänner wohnen im dritten Stock in der Zelle

geradezu in menschlicher Gestalt

schneuzen sich essen liegen faul auf der Pelle –

so sind drei Kugeln doch ziemlich kalt

IV

Thronsaal- warum gleich so am Rand?

Gut, dass sich die Musik erfand

und auch einer komme da droben

irgendein Vater ein hiesiger

im Himmel ein riesiger

in die Höhe erhoben

Mögen sie die Schwerte ziehen

mögen die Haare im Winde fliehen!

Sei auch jemand erschienen...

Ich im Stehen werde alles leiten

dieses Papier, dieser Stift so klein

und hinter dem Fenster das große Felslein

alles gehört zu meinen Seiten

Ich werde es steuern im Sitzen

wer das Beugen nicht verstand

schon lange nicht im Leben stand

durch den Lehm gläsern blitzen

Sodass es von mir im Liegen dringt

jeder mich gleich erkennt

habe ich die Menschen in Furchen zertrennt

sodass der Beifall frisch erklingt

Das ist die erste Person in der Einzahl

wo im ausatmen hustend rangen

die Koschen in der Spucke einmal

im zerstreuten Kopf darum

für immer geschlossen

Mäuse in drei Schlangen -

die Knete Macht und Ruhm

Na ja ähm - na das ist begossen....

V

Im Haus wohnen auch Mieter

niemandem werden sie geben,

sie haben ein schweres Miterleben:

Håben mir kanen, maroden Papst?

Kinder, ihr zweifelt vielleicht, schwankt.

ich schwanke und zweifle nicht, aber weiß, was ich sehe.

Worum geht’s euch? Was wolltet ihr von ihm?

Ist das nicht so ein schiefgewickelter?

Seid ihr nicht vielleicht schiefgewickelt? Dyť ist egal!

Egal, aber was ist das für eine Autorität?

Das sind wieder diese zwei Klugscheißer!

Sie werden jeden Tag schwatzen, von aller Herrgottsfrühe.

Wer soll das dauernd hören?

Hallo, hört auf!

Sonst komme ich zu Euch!

So kommt der Papst hierher?

Was wäre, wenn der Papst kommert? Auf uns ist er wirklich neugierig.

So wer kommt also?

Das weiß doch bisher niemand!

Niemand? Auch der Papst weiß es nicht?

Herr Christus, was fragt ihr ständig so?

Und wenn soll ich fragen? Den Papst?

So war das langsam genug!

Ich zeige euch den Papst,

geht mir aus den Augen und lasst euch hier nicht mehr sehen!

Ihr Mieter! Ihr Gespenster!

VI

Gespenster ins Klo

gejagt

Kilometer Waschbecken und Schüsseln

Eine Schafherde durch die

Wasser rinnt und durch das Wasser ein Krebs

und mit dem Krebs zurück blubbernde Schafe

In den Spiegeln rote Flecken –

der Mund der gerade mit dem Burschen

von der Chemieschule verheirateten Tochter

Sie sprang weg um sich zu erleichtern

eine chemische Hochzeit bis dahin

Lorbeeren um Suppen und Fleisch

Und die Weidmesser werden gewetzt

schon meckert es: bäh

das hat etwas für sich

Blut plätschert

gelblich gewölbte Bögen

murmeln: wessen Lamm wessen

Schon bald verschwinden die Wände

schon bald die Doppelkopfhörnchen

verwachsen mit den Pelzchen

Was soll ich machen?

die Gespenster sprießen aus dem Pissoir

und können sich nicht verstecken

Männer hier Frauen da

Oh Klo!

Oh heterosexuelle Zaubertricks!

Oh Fall in die Polarität!

© Übersetzung: Stephan Teichgräber

Author

Kasal, Lubor

Der Dichter und Publizist Lubor Kasal