Hauptthema des Observatorul cultural Nr. 269 (19. – 25. Mai 2005) ist einmal mehr der führungslose Schriftstellerverband. In zahlreichen Debattenbeiträge (S. 5 – 9) geht es um den zukünftigen Weg der Institution.
Im Leitartikel zeigt sich Carmen Muşat konsterniert über die Wollust am Denunzieren, den Rückfall in die Rhetorik der fünfziger Jahre. Sie bezieht sich auf das Pamphlet eines anerkannten Schriftstellers und Präsidenten des Institutul Cultural Român, dessen Stil nicht von der berüchtigten Zeitschrift „România Mare“ zu unterscheiden sei. Den Opponenten ad personam wegen seiner Herkunft (der Kaderakt des Vaters) anzugreifen, sei Ausdruck einer totalitären Mentalität und völlig fehlendes intellektuellen Anstands.
Anlässlich der Verleihung des Herder-Preises an Andrei Marga am 29. April in Wien wird der diesjährige rumänische Träger des „Ost-Nobelpreises“ porträtiert: Philosophie-Professor an der Universität Cluj, Politiker (Bildungsminister 1997 – 2000) und Universitäts-Manager. Er hat u. a. Texte von und über Habermas, Marcuse und Riedel ins Rumänische übersetzt. In den letzten Jahren befasst er sich vor allem mit Religionsphilosophie, der Einigung Europas und den philosophischen Konsequenzen der Transformation.
Die Beilage widmet sich dem historischen Bukarester Stadtteil Lipscanii und seinem Mythos. Kann der Zauber revitalisiert werden?
Im großen Interview mit Stelian Tănase „Ich möchte als bürgerlicher Rektionär alt werden“ kommen die aktuellen Themen aufs Tapet: der Schriftstellerverband und seine Aufgaben, Securitate-Spitzel im Literaturbetrieb, die Kontinutität der Geheimdienstüberwachung, Iliescus Abgang in der PSD, ...
Anlass für das Gespräch ist das Erscheinen seines Buches „Clienţii lu’ tanti Varvara“ über die illegale KP der Zwischenkriegszeit, als die späteren Machthaber noch im Gefängnis saßen. Dieses Grundgefühl des Dauerkonflikts mit der rumänischen Gesellschaft hätten sie aus der Illegalität in ihre späteren Machtpositionen mitgenommen.
Tănase sieht keine ehrenwerte Figur unter den illegalen Kommunisten, auch nicht Pătrăşcanu, der seinerseits Dej umgebracht hätte, wenn er nur gekonnt hätte.
Bei der Buchpräsentation wurden Rituale der 50er Jahre parodiert, der Autor als bourgeoiser Reaktionär angeklagt. Tănase wiederum bekundet seine Sympathie mit den Revolutionären von 1848, die für ihn keine Narren und Stutzer waren, sondern Rumänien modernisiert hätten.
Tănase selbst will kein öffentliches Amt annehmen und auch nicht Fernsehdirektor (TVR) werden. Er wolle nur in seinem Garten sein und weiter Bücher schreiben. Dass viele Schriftsteller einen Brotberuf brauchen (Tănase lehrt Politologie in Bukarest), sieht er als günstig an, weil so der Kontakt zur wirklichen Welt erhalten bleibe.
Auf den Fall Udrea angesprochen, spricht Tănase von den Dramen derer, die einen Teufelspakt mit der Securitate geschlossen hatten. Al. Paleologu habe als einziger 1990 den Mut gehabt, über seine Verstrickung zu sprechen.
Weiters ist Tănase sicher, dass er auch nach der Revolution weiter überwacht werde, wie alle Personen des öffentlichen Lebens. Immerhin sei der Geheimdienst besser dotiert als das Gesundheits- und das Bildungswesen, Rumänien keine offene Gesellschaft.
Schließlich bespricht Gabriela Chirilă den Erzählband „Caloriferistul şi nevasta hermeneutului“ von Carmen Firan, der von Osteuropäern in New York, vom Exil, vom Schaffensprozess und von der Liebe handelt, wie die Titel-Erzählung von der Beziehung zwischen einem rumänischen Heizungsmonteur und der Frau eines rumänischen Gastprofessors.
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